1) Wie kommst du darauf, dass bei einer rein moralischen Belehrung die Chance für einen Sinneswandel bei 50/50 stehen würde?
2) Das halte ich für einen untragbaren Fehlschluss.
Zum einen haben Leute mit Bildung auf höchstem Niveau, die schon aufgrund ihrer Studien der Logik mächtig waren, die mit Abstand vernichtendsten Waffen der Erde entwickelt. Dazu musst du dir nur einmal Enrico Fermi, Robert Oppenheimer, Edward Teller oder James Bryant Conant anschauen. Wenn du in die Psychologie gehen willst, dann schau auf den Entwickler des Behaviorismus, Skinner. Der hat zum Beispiel erforscht, wie man mit Hilfe konditionierter Tauben einen Anti-Schiff Lenkflugkörper ins Ziel führen kann.
Darüber hinaus ist der Schluss, den du als faktisch zwingend präsentierst überhaupt nur dann funktional wenn du dich in einer Welt befindest, die letztlich unter dem MAD Konzept steht. Bei einem Ungleichgewicht der Kräfte ist Gewalt logisch herausragend zu rechtfertigen, denn Logik überprüft ja ausschließlich die intrinsische Stimmigkeit eines Arguments. Schau dir die Römer an. Deren Gewaltkonzept hat zu einem der größten und andauerndsten Reiche der Erde geführt mit vielen Jahrhunderten wirtschaftlicher Stärke die eine kostenlose Versorgung der römischen Bevölkerung mit Brot und Spielen ermöglichte. Logik allein ist hier nicht ausreichend als Argument.
3) Die goldene Regel ist keine Ethik. Wenn du nicht mal in der Lage bist, eine bestimmte Ethik aufzuzeigen solltest du vor der Froderung nach Bildung und Ethik wohl erstmal ethische Bildung erlangen. Du könntest zum Beispiel mit der Metaethik anfangen, einem Teil der Moralphilosophie, die sich unter anderem damit beschäftigt, ob eine entsprechende ethische Bildung zu mehr ethischem Handeln führt. Ich würde dem im Kern aus historischen Gürnden wiedersprechen, besonders deswegen weil wir im Deutschland des frühen bis mittleren 20. Jahrhunderts eine traditionell konservativ christliche Bevölkerung hatten. Die kannten unter anderem alle deine goldene Regel, sogar in teilweise verschärfter Form neutestamentarisch und das hat Millionen nicht daran gehindert unsagbar grausame Taten zu vollbringen.
Ich könnte aber auch auf zeitgenössische Philosophen verweisen, wie Eric Schwitzgebel, der sowohl in größeren Studien untersucht hat, dass Personen mit einem hohen Grad an ethischer Bildung zum einen kaum unterschiedliche Entscheidungen treffen, als Laien die defacto aus dem Bauch heraus entscheiden. Er hat außerdem diese zwar etwas obskure aber durchaus interessante Studie veröffentlicht.
http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.583.9074&rep=rep1&type=pdf
Demnach gehen Bibliotheksausgaben von Fachbüchern, die eben nur von professionellen Ethikern ausgeliehen werden, deutlich häufiger ihre "eigenen" Wege, das moralische Verhalten ist also sogar schlechter.