Du kommst mir mit einer kurzen, verqueren rinks/lechtz - Liste, ohne auf die oben geschilderten Dinge einzugehen?
Abgesehen davon lehne ich es ab in diesem überholten Konstrukt zu denken.
Die menschliche Welt ist nicht nur mit dem links-rechts-Schema zu beschreiben. Wenn allerdings bestimmte politische Unterscheidungsmerkmale Thema sind, und ordentliche Definitionsmerkmale beachtet sind, dann ist die Kategorisierung manchmal erleichternd.
Es steht Dir natürlich frei, diese Einordnung abzulehnen und gewisses Verständnis hätte ich dafür, weil die Abgrenzungen manchmal bis ins Wirre verschwommen sind. Wenn man die Einordnung aber ablehnt im Gebrauch, dann bitte konsequent und ohne den Versuch, faschistische Strömungen, wie die Ideologie und Bewegung des NS ins Linke zu verorten. Das war sie nie, auch wenn sie bewusst viele Form-Elemente (Farbe, Lieder, Symbole) der progressiven Arbeiterklasse gestohlen hat und allerlei Selbstbeschwörung angeblich linker Ziele absonderte.
Die Ursache der Vermatschung der Kategorie Links/Rechts liegt aber nicht nur bei den Ideologen des Kapitals. So sind von Linken auch sämtliche antikolonialen Bewegungen darin verortet worden in der trügerischen Hoffnung, dass daraus selbstverständlich Kämpfer für den Kommunismus werden. Weit gefehlt. Die haben sich vielleicht Waffen und sonstige Unterstützung liefern lassen, Staudämme, Krankenhäuser und Fabriken von sozialistischen Ländern aufbauen lassen, nach der Entkolonialisierung aber auch locker mal Generalverträge mit dem Westen geschlossen. Dazu gibt es in potentiell linkem Lager Ausscherungen vollständiger Art. Am dramatischsten die Sozialdemokratie, die sich ab der Kaiserverabschiedung fast komplett den Interessen des Groß-Kapitals anschmierte.
Bei links-rechts Schema, vernünftig angewendet moderner Interpretation, ist die Positionierung zum Klassengegensatz entscheidend. Allein, ihn anzuzweifeln, ist schon rechts.
Wie aber oben schon angedeutet, man kann mit dieser Kategorie nicht alles deuten, erklären, beschreiben.
Es gibt andere und wichtige Kategorien der Gesellschaft: Volk, Heimat, Familie, Region, Kultur, Natur usw.
Eine mittlerweile kaum noch vorhandene Überheblichkeits-Überlegung der "Realsozialisten" und Kommunisten war es, diese scheinbaren Nebenthemen alle mit ins Glück zu reißen, wenn die Klassengegensätze gelöst sind. Klare Fehlannahme und wenn man die Resultate an Kritik und Widerstand falsch interpretiert ("alles Klassenfeinde" :nono: ), dann wirds richtig dunkel für die Schwächeren.
Umgedreht ist es bei jedermann und jederort falsch, mit den anderen Kategorien, wie zum Beispiel Volk, argumentierend die gesamte Gesellschaft erklären zu wollen. Die sozialen Gegensätze eines täglich ausgebeuteten Lohnarbeiters zu seinem Boss werden nicht dadurch gemildert, dass sie vielleicht zum selben Volk gehören oder im Motorrad-Club gemeinsam ihre Harleys auffrischen.
Und richtig schlimm wirds, wenn sich die Ausgebeuteten und Abhängigen von Ideologien wider ihrer objektiven Interessen über Erhöhung anderer Kategorien (Volk, Nation) blenden lassen und dann noch mehr unterdrückt werden oder als Helfer faschistischer Etablierung vielleicht Brosamen abbekommen bei der Unterdrückung anderer. Politisch unerfahrene Leute wissen den Unterschied manchmal schwer zu gewichten. Deshalb hat man unter jungen Bürgern sowohl vermehrten Anteil an echten Neonazis als auch vermehrten Anteil völlig abstruser Warnungen vor Realfaschismus und Verdächtigung jedweder politischer Betätigung mit Ausrichtung auf Heimat, Volk, Tradition, Kultur als Gefahr.
Beide Richtungen der Übertreibung muss man erkennen und ablehnen.
Zurück zu den Kategorien an sich. Ich nutze einen relativ neuen Begriff für die sich selbst als "links" Bezeichnenden, tatsächlich aber den Kern des Linken Ignorierenden: Linksbürgerlich. Dieser Begriff ist etwas freundlicher als "linksgrünversifft" oder "gutmenschlich", aber vorallem im Hinweis auf den Verlust der Klassenkritik treffender.
Es gibt in Deutschland eine besondere Form des Linksbürgerlichen, die manchmal ins Perverse ausartet. Nämlich alles, was mit den tatsächlich missbrauchten Kategorien in der Zeit des NS zusammenhängt speziell für Deutsche zu verdammen. Das geht bis hoch in Parteiführungen, wie zum Beispiel Claudia Roth, die liebt jedes Volk auf der Welt, nur ihr eigenes nicht.
Es ist erstaunlich, dass solche Allüren und solches Denken so verbreitet sind. Die Kritik daran von [MENTION=3094]Bester Freund[/MENTION] wiegt schwer, ist aber berechtigt. Gestern war ich zutiefst geschockt, wie ein User, den wir hier gewöhnlich nur als neoliberalen Schwätzer kennen, den wohl zynischsten Spruch zu den Millionen Ostvertrieben abließ, der jemals im Forum zu sehen war.
je weiter östlich, desto glühender das Nazitum
sie haben zu Recht mit dem Verlust ihrer Heimat für all das Unterstützertum bezahlt
Das Antideutsche ist kein Phänomen nur von linksbürgerlichen Dummbeuteln, es ist weiter verbreitet, als man glaubt.