- Registriert
- 4 Jan 2009
- Zuletzt online:
- Beiträge
- 1.023
- Punkte Reaktionen
- 46
- Punkte
- 0
- Website
- www.beverly-schnett.de
- Geschlecht
- --
"Technokraten des Nichts" - Wissenschaftler und Intellektuelle im Nazi-System
Anlass für diesen Strang ist die Serie Ärzte unterm Hakenkreuz, die derzeit auf Phoenix läuft. Sie zeigt, dass es da nicht nur den Dr. Mengele mit seinen Menschenversuchen gab, sondern sich ein ganzer Berufsstand korrumpieren ließ.
So stieg ein junger Arzt zum "Begleitarzt" von Adolf Hilter auf und stand nach 1945 im so genannten "Nürnberger Ärzteprozess" wegen der Ermordung Behinderter unter Anklage. Der Arzt jammerte sinngemäß: "Muss man gleich ein Schwein sein, nur weil man mit Adolf Hitler verkehrt hat?"
Ohne eine Apologie für den A. H. zu beabsichtigen, drehe ich die Frage um:
Wurde Hitler zu dem Schwein, das er war, weil er unter dem Einfluss menschenverachtender und opportunistischer Intellektueller und Wissenschaftler stand?
Die herrschende Geschichtsschreibung nimmt den Nazi-Mythos vom alles sehenden, wollenden, wissenden und entscheidenden "Führer" 1 zu 1 auf. Vor 1945 war der die Legitimation, nach 1945 der allein Schuldige, dem alle anderen nur unter Zwang gehorchten.
Garniert wird dieser Mythos dann noch mit Hitlers "Paladinen", die alle den Charme der Gosse und verkrachter Existenzen haben, aber unter dem Gott A. H. als Halbgötter dienten.
Und wenn das nicht reicht, dann gibt es für jeden Berufsstand exakt 1 Schuldigen:
Carl Schmitt für die Juristen
Wernher von Braun für die Techniker
Albert Speer für die Architekten
Mengele für die Ärzte wurde bereits genannt
Leni Riefenstahl für die Filmschaffenden
Propagandanminister Goebbels für die Medien
Heidegger für die Philosophen
Arno Breker für die bildende Kunst
Julius Streicher für die Hetze gegen Juden
Aber hinter den bekannten Namen, deren Träger nach 1945 nur zu oft tot, im Knast, auf der Flucht oder wenigstens geächtet waren, verbergen sich Heerscharen von Berufskollegen, die ebenso schlimm waren! Nur waren und sind deren Namen nicht so bekannt, zweite bis sechste Nazi-Garnitur halt. Und ihre mangelnde Prominenz haben sie zu ihrem Vorteil genützt. Da ist immer das gleiche Schema: Man ist ein amoralischen Arschloch und verfügt über gewisse Fertigkeiten, die in der Regel als "geistig" bezeichnet werden.
Über den Wert dieser Fertigkeiten lässt sich bei Nazi-Intellektuellen allerdings streiten. So haben die Ärzte nicht nur menschenverachtende, sondern IMHO völlig sinnlose und nutzlose Diskurse entwickelt und dafür Menschen gequält und ermordet. Die Nazi-Anthropologie mitsamt ihrer "Rassenkunde" ist Schund und Schmutz, der nicht einmal als Belletristik taugen würde. Die Philosophie im NS, wo es nicht nur den Heidegger oder den Carl Schmitt gab, propagierten im Zeichen des ewigen Kampfes zwischen den Rassen und Völkern einen Sozialdarwinismus, der bis heute nicht überwunden wurde. Wo der Mensch auf nichts Anderes als den Heldentod hoffen kann.
Die bildende Kunst unter den Nazis ist zu großen Teilen letzte Wahl und die von Speer avisierte Architektur für "Germania" eine leere und hohle Drohgebärde in Stein. In der Kosmologie durfte sich Heisenberg darüber freuen, in einem System zu leben, wo der Heinrich Himmler meines Wissens an die Welteistheorie glaubte Und daran, die Reinkarnation eines mittelalterlichen deutschen Königs zu sein.
Fazit: der NS wurde zu großen Teilen von den akademischen Schichten getragen und es waren diese Schichten, die mit am meisten von der Nazi-Party profitierten und sich nach 1945 nur zu oft den Konsequenzen für ihre Verbrechen entziehen und ihre Karrieren fortsetzen konnten. Eine "Selbstreflexion" fand selbstverständlich nicht statt. Woraus sich gravierende Schlussfolgerungen sowohl für den Nazismus als auch das Selbstverständnis der akademischen Schichten ergeben.
Selbst die Bezeichnung "Drittes Reich" (welche die Nazis aus einem konservativen Diskurs geklaut hatten) tut dem Nazi-System noch zu viel Ehre an. Die Ordinalzahl "Drittes" suggeriert eine Tradition: nach dem ersten - mittelalterlichen - und dem zweiten Reich von 1871 nun als Forsetzung ein Drittes. Dabei haben die Nazis kein neues Reich geschaffen, sondern das Deutsche Reich Nr. 2 von 1871 krachend gegen die Wand gefahren. Hier trifft die intellektuellen Schichten eine besondere Verantwortung: sie sind es ja, die einem Volk ein Selbstverständnis vermitteln, die im Dialog mit den einfachen Menschen - der Masse des Volkes - Traditionen reflektieren, anpassen und weiter entwickeln müssen. Da war IMHO schon die Idee der Konservativen, aus Frust über die Weimarer Republik Reich Nr. 3 ausrufen zu wollen, arg übertrieben. Bei jeder Krise ein neues Reich, dann können wir die so durchnumerieren wie die Franzosen ihre Republiken. Was die Nazi-Akademiker betrifft, so gerierten sie sich wie die ganze Nazi-Brut zwar als Superdeutsche, aber ich erkenne bei ihnen keinerlei Sinn selbst für solche Erörterungen.
"Reich" nun verweist auf "Reichsinsignien", "Reichsidee" und "Reichsbürger". Also eine konservative Spielart des Begriffes Projekt. In den einschlägigen 12 Jahren dienten die Symbole einer schon damals anrüchigen Partei als Insignien, das Projekt bestand in der Ermordung von 20 Millionen Menschen und über die Reichsbürger schrieb Ralph Giodano, dass sie wohl nur "Oberheloten" geworden wären. Auch hier haben die Heerscharen an Nazi-Akademikern wohl nicht so sehr versagt, als überhaupt kein ernsthaftes und tieferes Interesse an den Dingen gehabt.
Bei ihren Karrieren dagegen waren sie vor 1945 fix und nach 1945 oft noch fixer
Das legt ein Selbstverständnis nahe, das auf einer rein instrumentellen Vernunft basiert. Im Grunde eignen sich solche Charaktere Wissen so an wie das auch ein Affe tun könnte (wobei der Vergleich nur gegenüber dem Affen unfair ist): um zu tun, ohne über das Tun nachzudenken oder das eigene, spezialisierte Tun in einen "ganzheitlichen" Zusammenhang zu stellen.
Es war halt nützlich, akademische Bildung zu haben, weil man dann nicht so hart schuften musste und besser bezahlt und angesehen war als ein Arbeiter. Das angeeignete Wissen war aber äußerlich, es war so Werkzeug wie ein Zirkel oder ein Rechenschieber. Der Fachidiot war Trumpf, als Experte Top, als Mensch ein Rückfall hinter den Affen! Der Fachidiot ist dann weder fähig noch willens, Teil eines dauerhaften Projektes zu sein. Er sieht nur seine Sonderinteressen, sein eigenes Arbeitsgebiet, die eigene Karriere. Das Schlimmste an den Nazi-Technokraten war nicht, dass sie an ein ernst zu nehmendes "Drittes Reich" glaubten. Das Schlimmste war: sie glaubten an nichts!
Anlass für diesen Strang ist die Serie Ärzte unterm Hakenkreuz, die derzeit auf Phoenix läuft. Sie zeigt, dass es da nicht nur den Dr. Mengele mit seinen Menschenversuchen gab, sondern sich ein ganzer Berufsstand korrumpieren ließ.
So stieg ein junger Arzt zum "Begleitarzt" von Adolf Hilter auf und stand nach 1945 im so genannten "Nürnberger Ärzteprozess" wegen der Ermordung Behinderter unter Anklage. Der Arzt jammerte sinngemäß: "Muss man gleich ein Schwein sein, nur weil man mit Adolf Hitler verkehrt hat?"
Ohne eine Apologie für den A. H. zu beabsichtigen, drehe ich die Frage um:
Wurde Hitler zu dem Schwein, das er war, weil er unter dem Einfluss menschenverachtender und opportunistischer Intellektueller und Wissenschaftler stand?
Die herrschende Geschichtsschreibung nimmt den Nazi-Mythos vom alles sehenden, wollenden, wissenden und entscheidenden "Führer" 1 zu 1 auf. Vor 1945 war der die Legitimation, nach 1945 der allein Schuldige, dem alle anderen nur unter Zwang gehorchten.
Garniert wird dieser Mythos dann noch mit Hitlers "Paladinen", die alle den Charme der Gosse und verkrachter Existenzen haben, aber unter dem Gott A. H. als Halbgötter dienten.
Und wenn das nicht reicht, dann gibt es für jeden Berufsstand exakt 1 Schuldigen:
Carl Schmitt für die Juristen
Wernher von Braun für die Techniker
Albert Speer für die Architekten
Mengele für die Ärzte wurde bereits genannt
Leni Riefenstahl für die Filmschaffenden
Propagandanminister Goebbels für die Medien
Heidegger für die Philosophen
Arno Breker für die bildende Kunst
Julius Streicher für die Hetze gegen Juden
Aber hinter den bekannten Namen, deren Träger nach 1945 nur zu oft tot, im Knast, auf der Flucht oder wenigstens geächtet waren, verbergen sich Heerscharen von Berufskollegen, die ebenso schlimm waren! Nur waren und sind deren Namen nicht so bekannt, zweite bis sechste Nazi-Garnitur halt. Und ihre mangelnde Prominenz haben sie zu ihrem Vorteil genützt. Da ist immer das gleiche Schema: Man ist ein amoralischen Arschloch und verfügt über gewisse Fertigkeiten, die in der Regel als "geistig" bezeichnet werden.
Über den Wert dieser Fertigkeiten lässt sich bei Nazi-Intellektuellen allerdings streiten. So haben die Ärzte nicht nur menschenverachtende, sondern IMHO völlig sinnlose und nutzlose Diskurse entwickelt und dafür Menschen gequält und ermordet. Die Nazi-Anthropologie mitsamt ihrer "Rassenkunde" ist Schund und Schmutz, der nicht einmal als Belletristik taugen würde. Die Philosophie im NS, wo es nicht nur den Heidegger oder den Carl Schmitt gab, propagierten im Zeichen des ewigen Kampfes zwischen den Rassen und Völkern einen Sozialdarwinismus, der bis heute nicht überwunden wurde. Wo der Mensch auf nichts Anderes als den Heldentod hoffen kann.
Die bildende Kunst unter den Nazis ist zu großen Teilen letzte Wahl und die von Speer avisierte Architektur für "Germania" eine leere und hohle Drohgebärde in Stein. In der Kosmologie durfte sich Heisenberg darüber freuen, in einem System zu leben, wo der Heinrich Himmler meines Wissens an die Welteistheorie glaubte Und daran, die Reinkarnation eines mittelalterlichen deutschen Königs zu sein.
Fazit: der NS wurde zu großen Teilen von den akademischen Schichten getragen und es waren diese Schichten, die mit am meisten von der Nazi-Party profitierten und sich nach 1945 nur zu oft den Konsequenzen für ihre Verbrechen entziehen und ihre Karrieren fortsetzen konnten. Eine "Selbstreflexion" fand selbstverständlich nicht statt. Woraus sich gravierende Schlussfolgerungen sowohl für den Nazismus als auch das Selbstverständnis der akademischen Schichten ergeben.
Selbst die Bezeichnung "Drittes Reich" (welche die Nazis aus einem konservativen Diskurs geklaut hatten) tut dem Nazi-System noch zu viel Ehre an. Die Ordinalzahl "Drittes" suggeriert eine Tradition: nach dem ersten - mittelalterlichen - und dem zweiten Reich von 1871 nun als Forsetzung ein Drittes. Dabei haben die Nazis kein neues Reich geschaffen, sondern das Deutsche Reich Nr. 2 von 1871 krachend gegen die Wand gefahren. Hier trifft die intellektuellen Schichten eine besondere Verantwortung: sie sind es ja, die einem Volk ein Selbstverständnis vermitteln, die im Dialog mit den einfachen Menschen - der Masse des Volkes - Traditionen reflektieren, anpassen und weiter entwickeln müssen. Da war IMHO schon die Idee der Konservativen, aus Frust über die Weimarer Republik Reich Nr. 3 ausrufen zu wollen, arg übertrieben. Bei jeder Krise ein neues Reich, dann können wir die so durchnumerieren wie die Franzosen ihre Republiken. Was die Nazi-Akademiker betrifft, so gerierten sie sich wie die ganze Nazi-Brut zwar als Superdeutsche, aber ich erkenne bei ihnen keinerlei Sinn selbst für solche Erörterungen.
"Reich" nun verweist auf "Reichsinsignien", "Reichsidee" und "Reichsbürger". Also eine konservative Spielart des Begriffes Projekt. In den einschlägigen 12 Jahren dienten die Symbole einer schon damals anrüchigen Partei als Insignien, das Projekt bestand in der Ermordung von 20 Millionen Menschen und über die Reichsbürger schrieb Ralph Giodano, dass sie wohl nur "Oberheloten" geworden wären. Auch hier haben die Heerscharen an Nazi-Akademikern wohl nicht so sehr versagt, als überhaupt kein ernsthaftes und tieferes Interesse an den Dingen gehabt.
Bei ihren Karrieren dagegen waren sie vor 1945 fix und nach 1945 oft noch fixer
Das legt ein Selbstverständnis nahe, das auf einer rein instrumentellen Vernunft basiert. Im Grunde eignen sich solche Charaktere Wissen so an wie das auch ein Affe tun könnte (wobei der Vergleich nur gegenüber dem Affen unfair ist): um zu tun, ohne über das Tun nachzudenken oder das eigene, spezialisierte Tun in einen "ganzheitlichen" Zusammenhang zu stellen.
Es war halt nützlich, akademische Bildung zu haben, weil man dann nicht so hart schuften musste und besser bezahlt und angesehen war als ein Arbeiter. Das angeeignete Wissen war aber äußerlich, es war so Werkzeug wie ein Zirkel oder ein Rechenschieber. Der Fachidiot war Trumpf, als Experte Top, als Mensch ein Rückfall hinter den Affen! Der Fachidiot ist dann weder fähig noch willens, Teil eines dauerhaften Projektes zu sein. Er sieht nur seine Sonderinteressen, sein eigenes Arbeitsgebiet, die eigene Karriere. Das Schlimmste an den Nazi-Technokraten war nicht, dass sie an ein ernst zu nehmendes "Drittes Reich" glaubten. Das Schlimmste war: sie glaubten an nichts!