Moin!
Mich irritiert immer dieser schräge Lobgesang von so vielen auf diese heftig romantisierten "Protestler"(oder beliebiges Wort des eigenen Geschmacks nehmen). Als würden da irgendwelche grässlichen Despoten bekämpft und das Volk nun aufstehen. Dazu gibt es dann in manch kommentar noch 2-3 französische Worte die aus der Oberstufe hängen geblieben sind, oder verweise darauf , das man ja "sowieso schon immer voll lange in xy in Frankreich gelebt/geurlaubt/gesonstwast hat.
Mag sein das es einigen Franzosen schlechter geht.Wie überall , ist nicht alles gerecht. Am Ende ist den Gelbwesten das Ende des laufenden Monats wichtiger als das ende der Welt.
Legitim. Aber eben auch nicht wirklich gut.
Macron hat in vielem die derzeit richtigen Ideen und Antworten. Hoffe, das er zur aktuellen Situation auch noch die richtige Haltung findet.Ich trau es ihm zu.
Selbstverständlich ist es nicht "gut" was da derzeit abläuft, aber was sollen die französischen Arbeiter denn machen?
Seit JahrZEHNTEN protestieren sie grösstenteils friedlich und die Regierung macht NICHTS, im Gegenteil, eine Regierung nach der Anderen hat alles immer nur noch schlimmer gemacht.
Dann finden sich bei solchen Protesten irgendwelche Schwachköpfe ein, der sogenannte "schwarze Block" und machen Randale, sollen die Arbeiter deswegen aufhören zu protestieren?
Ist es die Schuld der Arbeiter, dass auch in Frankreich die Polizei so zusammengekürzt worden ist, dass sie nicht mehr in der Lage ist die öffentliche Ordnung aufrecht zu halten?
Dann mischen sich die beiden Gruppen, ein paar Leute vom schwarzen Block ziehen sich gelbe Westen über, dass es so aussieht als ob die Arbeiter selber gewalttätig sind und ein paar der Arbeiter werden tatsächlich gewalttätig.
Sollen die friedlichen Protestierer deswegen aufhören zu protestieren?
Jetzt, nachdem die Gewalt richtig ausartet kommt Macron und bewegt sich tatsächlich, denn immerhin verschiebt er die Benzinpreiserhöhung um ein paar Monate.
Was meinst du lernen die bisher friedlichen Teile der Proteste daraus?
Könnte es sein, dass die jetzt begreifen, friedlicher Protest bringt selbst über JahrZEHNTE absolut GAR NICHTS, aber nur einmal RICHTIG Randale machen führt zum Ziel?
Da hat Macron selber Schuld, denn hätte er VOR der Entscheidung die Benzinpreise zu erhöhen mit den Gewerkschaften gesprochen, hätte er entweder von dort Verständnis bekommen und die hätten keinen Protest organisiert, oder er hätte die Idee verworfen bevor überhaupt irgendwer anfängt zu protestieren, weil er im Voraus gewusst hätte, dass die ihn damit nicht durchkommen lassen.
Darüber hinaus hat Macron (wie alle neoliberalen Vollpfosten) noch nicht mal einen winzigen Ansatz von auch nur einer einzigen guten Idee.
Macron hat schon im alleruntersten Grundsatz nicht verstanden (oder will nicht verstehen) was überhaupt das Problem ist.
Aus Sicht von Macron braucht die Industrie Steuergeschenke, damit die in mehr Produktion investieren können und damit er das finanzieren kann, will er die Normalverbraucher mit höheren Steuern auf Benzin und anderes Zeug belasten.
Tatsächlich hat aber die französische Industrie nicht den allergeringsten Bedarf an Investitionen, die haben mehr als genug Kapazitäten, selbst wenn sich von heute auf morgen die Nachfrage nach Konsumgütern verdoppeln würde könnte die französische Industrie diese Nachfrage ohne jedwede neue Investition aus dem Handgelenk befriedigen.
Darüber hinaus ist Frankreich, genau wie Deutschland, längst an einem Punkt angekommen, wo die verfügbare Arbeitskraft schon deshalb nicht ausgeschöpft werden kann, weil dann ALLE Franzosen 2 Häuser, 5 Autos und 20 Fernseher haben müssten, was alleine an Rohstoffen auf der Welt gar nicht vorhanden ist, von der Umweltverschmutzung die bei der Produktion entstehen würde gar nicht zu reden.
Das Problem ist, dass die Normalverbraucher nicht genug Geld in den Taschen haben um das Zeug kaufen zu können, was die Industrie herstellen könnte, darum investiert die Industrie selbst dann nicht, wenn man ihnen (wie GM in USA) MILLIARDEN an Subventionen bezahlt und ihnen die Steuern damit auf UNTER NULL senkt, sondern die feuern dann 15.000 Arbeiter und schliessen 5 Standorte, weil sie sich ausrechnen können, dass sie das was diese 15.000 Arbeiter herstellen könnten nicht verkaufen können.
Völlig egal wie viele Steuererleichterungen die Franzosen ihrer Industrie geben könnten, die Unternehmen kaufen davon ihre eigenen Aktien zurück und bezahlen ihren Managern absurde Boni, aber in mehr Produktion investieren fällt denen im Traum nicht ein, lieber werden immer noch mehr Fabriken geschlossen und Leute entlassen.
Wenn man unter DIESEN Umständen dann auch noch versucht mit einer Benzinpreiserhöhung dafür zu sorgen, dass die Verbraucher NOCH weniger Geld in den Taschen haben, dann ist das ein Programm zur Arbeitsplatzvernichtung.
Das Einzige was dagegen hilft ist eine MASSIVE Arbeitszeitverkürzung, so dass die verfügbare Menge Arbeit gleichmässig auf alle Arbeiter verteilt wird, die heute Arbeitslosen wieder Arbeit finden und nicht die wenigen verbleibenden gut bezahlten Jobs immer mehr Sozialhilfeempfänger finanzieren müssen.
Das Ganze selbstverständlich bei vollem Lohnausgleich, aber das muss man überhaupt nicht in die Reform rein schreiben, denn wenn man per Gesetz die Arbeitszeiten so verkürzt, dass niemand mehr als 30 Wochenstunden arbeiten darf, dann steigen die Löhne von alleine, weil Unternehmer die keine höheren Löhne bezahlen wollen dann halt keine Arbeiter finden.
Logisch müsste Frankreich dazu den Deutschen sinnbildlich die Pistole auf die Brust setzen und sagen: "Entweder ihr macht das jetzt genauso wie wir, oder wir treten aus der EU aus."
Denn solange man Freihandel und gemeinsame Währung mit einem Nachbarn hat, der von Lohndrückung und Preisdumping lebt kann das Problem nicht gelöst werden, weder in Frankreich, noch in Italien, noch in Deutschland, noch sonstwo.