Die obersten 10% verdienen sich dusselig, haben aber keinerlei Absicht in die Konjunktur zu investieren, aus dem einfachen Grunde, weil die unteren 50% kein Geld haben um mehr Zeug zu kaufen und die nächsten 40% ihr Geld nicht ausgeben wollen.[...]
Hier hast Du, ohne es zu ahnen, einen ganz wichtigen Punkt angesprochen. Die oberen 10% der Bevölkerung haben in all den Jahrzehnten zwischen 1950-2000, in denen es uns noch gut ging, in "Deutsche Staatsanleihen", "Pfandbriefe" und "Bundesschatzbriefe" für durchschnittlich 4,5%/Kupon investiert. Lange Zeit galt es als eine der einzig wirklichen Konstanten auf dem Kapitalmarkt, daß dieser unser Staat regelmäßig über seine Verhältnisse lebt und Schulden macht. - Heute wird infolge der Null-Zinspolitik das Geld der oberen 10.000 entweder in die Aktienmärkte oder in "europäische Staatsanleihen" investiert. Geld fließt massiv ins benachbarte Ausland nach Frankreich, BeNeLux, Schweiz oder ins Baltikum ab. Rund 9% des BIP wandert so jährlich ins Ausland; Geld, was hierzulande fehlt um marode Schulen, Straßen und Netzwerke zu sanieren und neu zu investieren.
Unternehmen und Staat investieren in Deutschland seit Jahren viel zu wenig. Eine Vielzahl von Studien analysiert diese Entwicklung, und an Appellen an die Politik, dieses zu ändern mangelt es nicht. Bisher jedoch vergeblich. Investitionen bestimmen das gesamtwirtschaftliche Produktionspotenzial und damit die Einkommen, die im Inland entstehen werden. Gerade angesichts der absehbaren demografischen Entwicklung – Forscher erwarten alleine aufgrund des Bevölkerungsrückgangs in den kommenden Jahren eine Halbierung der Wachstumsraten – kommt der aktuellen und zukünftigen Investitionstätigkeit eine entscheidende Bedeutung zu. Umso schlimmer ist es, daß die Investitionen seit Beginn des Jahrtausends gesunken sind. Wurden in Deutschland in den 1990er-Jahren noch Nettoinvestitionen (also Bruttoinvestitionen abzüglich der Abnutzung des vorhandenen Kapitalstocks) im Umfang von rund 7,5% des BIP getätigt, so sank die Quote auf 2,2%* im Zeitraum von 2010 bis 2016. Dabei war die Investitionstätigkeit in den 1990er-Jahren sicherlich auch wegen der Wiedervereinigung auf einem außergewöhnlich hohen Niveau.
Noch deutlicher ist die Verschlechterung der Kapitalausstattung je Erwerbstätigen, die seit 2005 stagniert. Positiv kann das mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit erklärt werden, weil zunehmend einfache Tätigkeiten angeboten wurden und so auch im Niedriglohnsektor Arbeitsplätze entstanden. Langfristig ist es jedoch ein Problem, weil eine ansteigende Kapitalintensität neben dem technischen Fortschritt die wesentliche Voraussetzung für einen steigenden Wohlstand im Land ist. Der Rückgang der Produktivitätsfortschritte hat auch hierin eine wesentliche Ursache, wenn infolge einer geringeren Wertschöpfung auch geringere Steuereinnahmen und Abgaben pro Beschäftigten generiert werden.
Besonders schlecht ist die Entwicklung des Nettoanlagevermögens beim Staat. Seit 1991 veraltet das staatliche Vermögen zusehends. Die Investitionen in den Kapitalstock haben sich gegenüber den frühen 2000er-Jahren mehr als halbiert, was zu einer immer älteren staatlichen Infrastruktur führt. Die Abgänge aus Abschreibungen wurden nicht ersetzt. Wir leben von der Substanz, lassen unsere Infrastruktur verfallen und feiern zugleich die "schwarze Null" als politischen Erfolg, dabei hätte man die Gelder anderweitig verwenden können und müssen. Um einen Verfall des Kapitalstocks und damit der Zukunftsfähigkeit des Landes zu stoppen, muß dringend mehr investiert werden. Stattdessen schmeißen wir das Geld für konsumtive Klientelausgaben raus. "Mütterrente und Rente mit 63" kosten uns in den nächsten 10 Jahren bis zu 120 Milliarden Euro! Geld, was eigentlich in Zukunft und Bildung hingehört!:winken: