Der momentane Umgang mit Boden, also das Bodenrecht und dessen Besteuerung, ist maßgeblich für die soziale Kluft zwischen den Privathaushalten verantwortlich. Das auseinanderdriften der Einkommen zwischen fleißigen und vermögenden Privathaushalten, ist vor allem auch das Resultat vom Umgang mit Grund & Boden, also dem Bodenrecht und dessen Besteuerung.
Zu dem Thema ist ein neuer Artikel erschienen, der die Sache allgemeinverständlich auf den Punkt bringt. Außerdem gibt es interessante Zitate von Politikern zu lesen:
Zitat:
Baugenehmigungen für 600.000 Wohnungen werden nicht genutzt, weil es lukrativer ist mit dem Bauland zu spekulieren statt selber zu bauen. Nicht in der taz, sondern bei FAZ-Immobilien beschreibt Christian Hunziker die Dimension der Bodenspekulation und was getan werden kann, um diesen Missstand zu beenden.
Bauland in deutschen Metropolen wird immer mehr zum Spekulationsobjekt. Die KfW Research hat nun dokumentiert, worauf selbst Institute, die sich »ansonsten höchst selten einig« sind, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) und das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, deutlich hinweisen: »Wenn ein Grundstück ohne Haus ebenso viele Steuern kostet wie ein bebautes Grundstück, werden Investitionen wahrscheinlicher« (FAZ.net). Und wenn »dieses spekulative Horten von Bauland« (FAZ.net) verringert wird, hat das positive Auswirkungen auf die Bodenpreise und die Mieten. Gleichzeitig wird durch die Aktivierung brachliegenden Baulands der Druck verringert, immer neue Wohn- und Gewerbegebiete auszuweisen.
»Bodenwertsteuer könnte Wohnungsbau ankurbeln« überschreibt Hunziker seinen Artikel auf faz.net/immobilien. Die Konzentration der Grundsteuer auf eine reine Bodenwertsteuer hätte positive Auswirkungen für Mieter, Stadtplaner, Umweltschützer und Wirtschaftsunternehmen. Es ist daher konsequent, dass neben dem IW Köln auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Deutsche Mieterbund die Initiative »Grundsteuer: Zeitgemäß!« unterstützen bzw. aktiv betreiben. Selbst für die mächtige Anleger- und Spekulantenlobby ist dies eine ernst zu nehmende Opposition. Wütende Reaktionen werden nicht lange auf sich warten lassen.
In anbetracht der enormen Dimensionen der Bodenspekulation und bedenkt man die massive Konzentration der Immobilienwerte, macht es den Betrachter fassungslos, dass alle Reformansätze der letzten Jahrzehnte im Sande verlaufen sind. Gegen die milliardenschwere Macht der Bodenlobby haben offensichtlich weder Sachverstand noch Herzblut engagierter Politiker genügend Einfluss und einen ausreichend langen Atem. Hans-Jochen Vogel - SPD Bodenpolitiker mit jahrzehntelanger Erfahrung - schreibt dazu in der Süddeutschen Zeitung: »Vor 50 Jahren gab es einen ernsthaften Versuch … durch eine Reform des Bodenrechtes … der Ausweitung der sozialen Kluft in unserem Land einen Riegel vorzuschieben. Doch er ist gescheitert. Seitdem schweigt die Politik. Dafür habe ich keine einleuchtende Erklärung. Aber ich halte es für meine Pflicht, darauf aufmerksam zu machen. Und an Fakten zu erinnern, die jedermann zugänglich sind.« Christliche, soziale, liberale und grüne Parteien trauen sich - von kleinen Ausnahmen abgesehen - nicht an dieses Thema heran. http://www.inwo.de/medienkommentare/bodenspekulation-verhindert-wohnungsbau/
Halle Eisbär,
zunächst einmal: ich halte nichts davon, die Lage auf dem Wohnungsmarkt generell zu dramatisieren, gleiches gilt auch für das Phänomen der Bodenspekulation. Es gibt, unbestritten, in einigen wenigen Metropolen zweifelsfrei Engpässe an Wohnraum, der für Durchschnittsverdiener bezahlbar wäre. Das jedoch sind punktuelle Probleme, nicht etwa flächendeckende. Mit Ausnahme vielleicht der Großräume München, Frankfurt, Köln und Hamburg ist bereits an der Peripherie der Städte Wohnraum in Hülle und Fülle vorhanden, ja: man wird eher einen Überschuß an Wohnraum konstatieren müssen. Erweitert man den Radius ein wenig und blickt ins unmittelbare Umland der Städte, bzw. der Metropolregionen, so ist der Überhang nicht mehr zu übersehen - nur birgt dieser Überhang weitaus mehr sozialen Sprengstoff als das Luxusproblem, in angesagten Szenevierteln angesagter Szenestädten eine Wohnung für weniger als 10 Euro pro Quadratmeter zu finden (die selbstverständlich entweder als modernes Loft, als Maisonette, oder zumindest als kernsanierter Altbau mit achgerecht restaurierten Stückdecken und Holzdielenboden daherzukommen hat...).
Hier jetzt in ein grundlegendes Gejammer über eine angebliche "Bodenlobby" auszubrechen, halte ich für erheblich überzogen, zumal das eigentliche Problem und damit die eigentliche Katastrophe, auf die Deutschland zusteuert, völlig konträr gelagert ist.
Was die Spekulation betrifft, so entzieht sich jede Spekulation über kurz oder lang selbst die Grundlage, immer dann nämlich, wenn die erforderlichen Wertzuwächse nachgeben und der Punkt erreicht ist, an dem weiteres Zuwarten das Risiko birgt, daß aus dem Spekulationsgewinn ein Verlust wird. Spätestens dann verkauft man entweder den Grund und Boden - oder man bebaut ihn selbst und steigert damit den Wert. Beides setzt jedoch IMMER die Absicht voraus, zu verkaufen oder gewinnbringend zu nutzen. Insofern reguliert sich der Markt selbst, die Frage ist allenfalls auf welchem Niveau er sich reguliert und ob dieses Niveau geeignet ist, Defizite in urbaner Wohnbebauung auszugleichen. Da, allerdings, haben die Kommunen auch jetzt schon die Zügel in der Hand: schlicht per Satzung für Grunderwerb einen Bauzwang auszurufen, ist nach geltendem Recht überhaupt kein Problem. Es ist auch überhaupt kein Problem, Bauland oder Bauerwartungsland im Flächennutzungsplan wieder zurückzustufen, wenn die Bebauung ausbleibt. Es gibt zudem auch die Möglichkeit, langfristige Leerstände als Zweckentfremdung von Wohnraum (bei Wohnimmobilien, natürlich) zu ahnden und sie zwangsweise wieder ihrem Zweck zuzuführen.
Soweit die Kommunen da nicht eingreifen, ist das in erster Linie den Verwaltungen anzulasten, die da offensichtlich ihren Verpflichtungen nicht nachkommen - oder es besteht schlicht nicht der Bedarf, das zu tun. Und in den allermeisten Kommunen besteht tatsächlich der Bedarf NICHT, im Gegenteil: da sorgt gerade das bereits erwähnte Überangebot an Wohnraum dafür, daß man dieses Faß gar nicht erst aufmacht. Da bedarf es keinerlei neuer Steuern oder sonstigen Aktionismus - geschweige denn, daß es einer angeblichen, möglichst auch noch allmächtigen "Bodenlobby" bedürfe - das darf man getrost in den Bereich der Verschwörungstheorien verweisen, und zwar jener, die einzig der Phantasie ihrer Anhänger entspringen, mit der Realität jedoch wenig zu tun haben.
Wie sieht es denn tatsächlich aus in Deutschland? Tatsache ist, daß es so gut wie keine Leerstände in den bereits genannten Städten gibt, d.h.: dort ist der Wohnungsmarkt tatsächlich leergefegt. Daran würde allerdings auch der Versuch nichts ändern, Spekulationsobjekte zwangsweise auf den Markt zu bringen, denn die zu einer tatsächlichen Entlastung erforderlichen Quadratmeterzahlen, die sich in diesen Objekten finden, sind marginal. Da könnte allenfalls Neubau Abhilfe schaffen, nur: wäre das klug?
Nein, wäre es NICHT. Denn der durchschnittliche Leerstand in Deutschland liegt ohnehin schon bei rund 8 Prozent, d.h.: wir sprechen über riesige Mengen an Wohnraum, für die sich keine Mieter mehr finden lassen. Wenn man bedenkt, daß der größte Teil dieses Wohnraums eben gerade nicht in der Hand irgendwelcher Wohnungsbaugesellschaften befindet, sondern in der Hand privater Kleinanleger wird auch deutlich, worin genau die eigentliche Gefahr besteht: wir sprechen in 9 von 10 Fällen über die private, nicht selten auch einzige(!) Altersversorgung von Eigenheimbesitzern oder privaten Eigentümern von Mehrfamilienhäusern, letztere im Rahmen zwischen vielleicht 10 bis maximal 250 Wohneinheiten.
Und das ist, wohlgemerkt, der DURCHSCHNITT!!! Das bedeutet nichts anderes, als daß den 0,5 - 1% Leerständen in Städten wie München oder Hamburg weite Landstriche gegenüber stehen, in denen Leerstände in der Größenordnung von 30 Prozent mehr herrschen. Hinter diesen Leerständen stecken Privatvermögen ganz normaler Eigenheimbesitzer - von der Einliegerwohnung im Einfamilienhäuschen bis zur als Kapitalanlage erworbenen Eigentumswohnung - deren Vermögen, u.a. dank urbaner Siedlungspolitik, in den letzten Jahren abgeraucht ist. Und dieser Trend ist ungebrochen: in den vergangen 3 Jahrzehnten ist die Eigentumsquote in Deutschland durch die Decke geschossen. Von den Kommunen großzügig verteiltes billiges Bauland, billiges Geld für Bauherren von Einfamilienhäuschen im Speckgürtel der Städte, gewährt zu niedrigen Zinsen bar jeder Sicherheit (vor allem der Sicherheit der Kreditnehmer, selbstverständlich!), ein gigantischer Flächenverbrauch, Umwandlung guten und besten Acker- und Weidelandes in immer neue Siedlungsflächen - Mieten ist schon lange nicht mehr en vogue, heute lautet die Devise: BAUEN. Und zwar NEU, denn die Politik hat in den vergangenen Jahrzehnten Milliarden in den Neubau gesteckt, wohingegen in den Bestand praktisch nicht investiert worden ist: Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen gab es nur für Neubauprojekte, wer ein bereits bestehendes Gebäude erhalten oder auf den Stand der Zeit bringen wollte, der ging bis vor rund 10 Jahren komplett leer aus. So gab es KfW-Darlehen bis vor rund 10 Jahren für den Bestand nur dann, wenn eine KOMPLETTE Sanierung bestehender Gebäude vorgenommen wurde: Einzelmaßnahmen waren nicht förderungsfähig, d.h.: "nur" neue Fenster einzubauen hätte nicht genügt. Gefördert wurde nur, wenn das volle Programm erfüllt wurde: neue Heizung, neue Fenster, neues Dach inklusive Dämmung, Dämmung der Fassaden. Für den durchschnittlichen Immobilieneigentümer schlicht nicht zu stemmen, denn bis auf die ganz kleine Gruppe der großen Wohnungsbaugesellschaften - an denen die Kommunen in aller Regel selbst erheblich beteiligt sind - reden wir bei 90 Prozent der Immobilien in Deutschland über Leute wie Du und ich. Leute, für die es einen erheblichen Unterschied bedeutet, ob sie ein zinsgünstiges Darlehen für neue Fenster im Wert von vielleicht 30.000 Euro für ein kleineres Mehrfamilienhaus in Anspruch nehmen können, oder ob sie für dieselbe Immobilie Schulden in Höhe von 300.000 Euro aufnehmen müssen, um überhaupt in den Genuß einer Unterstützung zu kommen. Diesbezüglich hat zwar inzwischen ein Umdenken eingesetzt, es geht jedoch nicht weit genug und ist um mindestens 20 Jahre zu spät. Es zeigt sich jedenfalls recht deutlich, daß Leerstände nicht zwangsläufig eine Folge irgendwelcher Bodenspekulation sind, sondern in aller Regel darauf zurückzuführen, daß privaten Eigentümern schlicht das Geld fehlt, ihren Wohnraum zu erhalten. Die Zahl der überschuldeten Haushalte in Deutschland ist keineswegs NUR die Folge einer durch eine ungerechte Steuerpolitik verursachten Misere, sondern auch eine unmittelbare Folge einer verfehlten Wohnungbaupolitik: und zwar nicht etwa in dem Segment, in dem sich Bodenspekulation abspielt, sondern in dem Segment, in dem Menschen Wohneigentum erwerben (im Vertrauen darauf, sich damit Kapital zu erschaffen), die noch vor 30 Jahren niemals auf die Idee gekommen wären zu bauen, sondern zeitlebens mit der größten Selbstverständlichkeit Mieter geblieben wären. Ohne Immobilienbesitz, dafür aber auch ohne Schulden.
Was sich in Deutschland aufbaut, ist eine Immobilienblase gigantischen Ausmaßes: viel zu viele Menschen besitzen viel zu viele Häuser, für die es viel zu wenig Bedarf gibt. Ganze Landstriche sind inzwischen gepflastert mit Reiheneigenheimen, Doppelhaushälften und Einfamilienhäuschen, ganze Stadtviertel umstrukturiert in Eigentumswohnungen unter zu vielen Dächern; die erste Generation der Immobilien-Erben erreicht so langsam das Rentenalter, ihre Kinder und Kindeskinder sind selbst Eigenheimbesitzer, weitere Erben wachsen nicht nach.
Ich gebe der Sache noch maximal 20 Jahre, danach werden die Immobilienpreise ins Bodenlose fallen, mit Ausnahme allenfalls der teuersten Wohnlagen in den teuersten Metropolen. Und das NICHT wegen der Aktivitäten irgendeiner postulierten "Bodenlobby", sondern als Folge einer verfehlten Siedlungspolitik: der Fokus lag und liegt seit Jahrzehnten auf den urbanen Zentren. Ich mutmaße: weil sich so ziemlich sämtliche Parteien dort ihre Wählerschaft erhoffen. In Infrastruktur wird seit Jahrzehnten nur noch in den Ballungsräumen investiert, schon in deren Peripherie ist Schluß damit. Weder gibt es einen adäquaten Ausbau von Straßen, öffentlichen Verkehrsmitteln, digitalen Netzen. Stattdessen werden in den Ballungszentren Radautobahnen gebaut (kreuzungsfrei, selbstredend!), die es der städtischen Klientel erlauben, nach getaner Arbeit in ihrer Freizeit zum Ausgleich ein wenig Sport zu betreiben...
Das für 250.000 Euro gebaute/gekaufte Eigenheim am Stadtrand wird in 20 Jahren bestenfalls noch 100.000 Euro wert sein. Um diesen Kapitalverlust auszugleichen muß eine alte Frau lange stricken... Ich persönlich kenne kaum noch eine Familie, in der nicht das Ehepaar im Eigenheim mindestens zwei weitere Eigenheime als Erbschaft zu erwarten hat, wenn die Eltern sterben.
Es ist ein Desaster erster Güte, denn was wir im kleinen Maßstab nach dem Platzen der Immobilienblasen in den USA, in Spanien, Italien oder auch Griechenland erlebt haben, das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was in Deutschland demnächst passieren wird.
Über die Folgen, die das auch für das gesamte Sozialgefüge unseres Landes haben wird, mag sich jeder seine eigenen Gedanken machen: ich bin durchaus schon als "Grundsatzpessimist" bezeichnet worden, kann jedoch versichern, an sich ein durch und durch optimistischer Mensch zu sein. Nur sehe ich bereits heute viele Kommunen, die als letzten Ausweg den großflächigen Rückbau von Siedlungen, ja: ganzen Stadtteilen sehen, weil sich der dortige Wohnraum nicht mehr bewirtschaften läßt. Keine Nachfrage, zu hohe Betriebskosten, Sanierungsbedarf der, wenn er mit den diversen Gesetzen und Verordnungen z.B. zur Energie- und Emissionseinsparung, aber auch zu Aspekten wie Brandschutz in Einklang zu bringen sein soll, niemals gewinnbringend durchgeführt werden kann, weil nicht einmal mehr die nackte Kostenmiete zu erzielen ist. Schon gar nicht, wenn mehr als die Hälfte aller MIETER Hartz-IV-Empfänger sind, die mehr als durchschnittlich 5,60 Euro pro Quadratmeter nicht einbringen. Die zahlungskräftige Klientel hingegen ist ohnehin versorgt, die mietet nicht, die kauft.
Wer kann vor diesem Hintergrund von einem Investor verlangen, Geld in Mietwohnraum zu stecken?
Eben.
Gruß -
Bendert