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Genieße deinen Glauben

Die Sprache ist älter als wir. Sie war schon da, als wir auf die Welt kamen. Ihre Lücken und Inkonsistenzen sind unsere Traumata.

Wir durchqueren also gerade einen Text von Zizek zur Flüchtlingskrise. Seiner Meinung nach soll die Linke verschiedene Tabus aufgeben. Die grundlegende Eigenschaft der symbolischen Ordnung ist das Subjekt, dem Glauben unterstellt wird. Der Glaube bindet sich an die Kodierungen der Lebenspraxis und ermöglicht so Partizipation. Es kann sich dabei um aktive und passive Bindung handeln (interaktivität bzw. Interpassivität). Zizek kritisiert das Tabu, nichts außer politisierter Religion dem Fanatismus zuzuordnen. Es gibt eine nichtgläubige Partizipation an einem religiösen Konstrukt, die genauso brutal sein kann wie der offene religöse Fanatismus.

Interpassivität ist Ausdruck einer Haltung des Delegierens. Der Videorekorder vergnügt sich, die Klageweiber trauern, selbst das TV-Dosengelächter entlastet uns, wir aber sind aktiv bis hin zur falschen Aktivität. Wenn wir die Stille der Passivität zuliessen, kämen wir in die Gefahr Handlungen zu antizipieren, die die Koordinaten der Szenerie änderten.

Zizek bringt ein Beispiel aus dem Alltagsleben. Der Rabbi will seine Hörer vor den visuellen Gefährdungen einer Gay-Parade bewahren und engagiert mexikanische Tagelöhner in jüdischer Gebetskleidung als Gegendemonstranten. Nicht auszuschliessen aber ist die Vollendung der interpassiven Struktur durch die konträre Aktivität derjenigen seiner Hörer, die an der Gay-Parade teilnehmen. Das illustriert, wie selbst ein Nichtgläubiger durch Delegation die praktischen Folgen seines Glaubens genießen kann.

Ein weiteres Beispiel ist das Santa-Claus-Ritual. Auch hier geben wir uns als Rationalisten, tun aber alles, um in Ritualen den Glauben unserer Kinder zu bestärken.. Umgekehrt wollen unsere Kinder unseren Glauben in ihre Naivität nicht enttäuschen.

Wir fragen uns immer, wie man aus dem Teufelskreis des verschobenen Glaubens ausbricht, obwohl es doch reicht, an die Existenz eines Glaubenden zu glauben, um in den Modus des Genießens des eigenen Patchwork-Lebensstils zu gelangen.
 

Zoelynn

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ich nehme an das hier

"Wir fragen uns immer, wie man aus dem Teufelskreis des verschobenen Glaubens ausbricht,"

hier trifft sich wohl die forum Trinität wieder:D
 
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Gelöschtes Mitglied 2265

ich nehme an das hier

"Wir fragen uns immer, wie man aus dem Teufelskreis des verschobenen Glaubens ausbricht,"

hier trifft sich wohl die forum Trinität wieder:D

Ich bin gerade geflüchtet vor Dir. War natürlich eine schlechte Entscheidung, von einem Irrsinn zum anderen zu stolpern.
 
OP
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Ich stelle das Begehren in den Kontext der Flüchtlingskrise. Der Lacansche Imperativ, „nicht nachzulassen im Begehren“, reklamiert den Vorrang des unbewußten Subjekt vor gesellschaftlichen Normen. Ich hatte davon gesprochen, dass das Begehren Koordinaten braucht, die ihm das Fantasma liefert.

Zur Funktionsweise des Fantasma fand ich heute eine treffliche Beschreibung. Vgl.:

„Phantasma ist das, was sich in unserem Oberstübchen abspielt, wobei nur durch sorgfältiges Zuwenden anderer für sie teilweise erkennbar ist, was wir uns von ihnen wünschen und unter dem Begriff „Gerechtigkeit“ subsumieren. Oft ist das leider nur ein mehr oder weniger „ordentliches Gefühl“, das zu einem Hirngespinst, einem Trugbild werden kann, das uns die Kraft gibt, mit vielen Ungerechtigkeiten zurecht zu kommen.“

Die Loyalität des bewußten Ich zum unbewußten Subjekt ist eine lebensgeschichtlich geprägte Haltung, bei der die Toleranz eine bedeutsame Rolle spielen kann, aber nicht muß. Der konkrete andere aus dem eigenen Umfeld hat sich in das Raster einzufügen, das als Fantasma die Meßpunkte für das Begehren des unbewußten Subjekts liefert.
 
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Gelöschtes Mitglied 2801

Ich stelle das Begehren in den Kontext der Flüchtlingskrise. Der Lacansche Imperativ, „nicht nachzulassen im Begehren“, reklamiert den Vorrang des unbewußten Subjekt vor gesellschaftlichen Normen. Ich hatte davon gesprochen, dass das Begehren Koordinaten braucht, die ihm das Fantasma liefert.

Zur Funktionsweise des Fantasma fand ich heute eine treffliche Beschreibung. Vgl.:

„Phantasma ist das, was sich in unserem Oberstübchen abspielt, wobei nur durch sorgfältiges Zuwenden anderer für sie teilweise erkennbar ist, was wir uns von ihnen wünschen und unter dem Begriff „Gerechtigkeit“ subsumieren. Oft ist das leider nur ein mehr oder weniger „ordentliches Gefühl“, das zu einem Hirngespinst, einem Trugbild werden kann, das uns die Kraft gibt, mit vielen Ungerechtigkeiten zurecht zu kommen.“

Die Loyalität des bewußten Ich zum unbewußten Subjekt ist eine lebensgeschichtlich geprägte Haltung, bei der die Toleranz eine bedeutsame Rolle spielen kann, aber nicht muß. Der konkrete andere aus dem eigenen Umfeld hat sich in das Raster einzufügen, das als Fantasma die Meßpunkte für das Begehren des unbewußten Subjekts liefert.

Ich höre poststrukturalistische Psychoanalyse.
 

Volkmar

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Wir fragen uns immer, wie man aus dem Teufelskreis des verschobenen Glaubens ausbricht, obwohl es doch reicht, an die Existenz eines Glaubenden zu glauben, um in den Modus des Genießens des eigenen Patchwork-Lebensstils zu gelangen.

Zu glauben ist nun mal der beste Weg und das genieße ich.

wv
 
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Gelöschtes Mitglied 2265

Ich stelle das Begehren in den Kontext der Flüchtlingskrise. Der Lacansche Imperativ, „nicht nachzulassen im Begehren“, reklamiert den Vorrang des unbewußten Subjekt vor gesellschaftlichen Normen. Ich hatte davon gesprochen, dass das Begehren Koordinaten braucht, die ihm das Fantasma liefert.

Zur Funktionsweise des Fantasma fand ich heute eine treffliche Beschreibung. Vgl.:

„Phantasma ist das, was sich in unserem Oberstübchen abspielt, wobei nur durch sorgfältiges Zuwenden anderer für sie teilweise erkennbar ist, was wir uns von ihnen wünschen und unter dem Begriff „Gerechtigkeit“ subsumieren. Oft ist das leider nur ein mehr oder weniger „ordentliches Gefühl“, das zu einem Hirngespinst, einem Trugbild werden kann, das uns die Kraft gibt, mit vielen Ungerechtigkeiten zurecht zu kommen.“

Die Loyalität des bewußten Ich zum unbewußten Subjekt ist eine lebensgeschichtlich geprägte Haltung, bei der die Toleranz eine bedeutsame Rolle spielen kann, aber nicht muß. Der konkrete andere aus dem eigenen Umfeld hat sich in das Raster einzufügen, das als Fantasma die Meßpunkte für das Begehren des unbewußten Subjekts liefert.

Alles klar, ein schönes Forumleben noch. Ignore.
 
OP
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Ich höre poststrukturalistische Psychoanalyse.

Es wird spannend. Wir probieren, innerhalb eines bisher noch ungeschriebenen Kontraktes komplementär aufzutreten.

Ich fange mit einem längeren Zitat von August Ruhs an:

„Wer sind heute die wahren Erben Sigmund Freuds? Julia Harlfinger bat Neurowissenschafter Georg Northoff und Psychoanalytiker August Ruhs zur Debatte über die Dynamik in grauen Zellen, Emotionen und Wissenschaftstrends. – …

STANDARD: Sollten psychiatrische Patienten auf die Couch?

Ruhs: Nicht jeder Patient bringt die Voraussetzungen für eine Analyse mit.

Man braucht die Fähigkeit, sich in ein beobachtendes Ich und in ein erlebendes Ich zu spalten.

Außerdem muss man mit dem Psychoanalytiker die Auffassung teilen, dass seelische Störungen – sofern sie nicht durch körperliche Verletzungen oder Krankheiten verursacht sind – etwas mit der Lebensgeschichte zu tun haben, insbesondere mit frühkindlichen Erlebnissen.

Und natürlich müssen ein gewisser Leidensdruck sowie der Wunsch nach Veränderung da sein.

– derstandard.at/3073509/Jeder-braucht-eine-besondere-Therapie“
 
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Gelöschtes Mitglied 2801

Ich stelle das Begehren in den Kontext der Flüchtlingskrise. Der Lacansche Imperativ, „nicht nachzulassen im Begehren“, reklamiert den Vorrang des unbewußten Subjekt vor gesellschaftlichen Normen. Ich hatte davon gesprochen, dass das Begehren Koordinaten braucht, die ihm das Fantasma liefert.

Zur Funktionsweise des Fantasma fand ich heute eine treffliche Beschreibung. Vgl.:

„Phantasma ist das, was sich in unserem Oberstübchen abspielt, wobei nur durch sorgfältiges Zuwenden anderer für sie teilweise erkennbar ist, was wir uns von ihnen wünschen und unter dem Begriff „Gerechtigkeit“ subsumieren. Oft ist das leider nur ein mehr oder weniger „ordentliches Gefühl“, das zu einem Hirngespinst, einem Trugbild werden kann, das uns die Kraft gibt, mit vielen Ungerechtigkeiten zurecht zu kommen.“

Die Loyalität des bewußten Ich zum unbewußten Subjekt ist eine lebensgeschichtlich geprägte Haltung, bei der die Toleranz eine bedeutsame Rolle spielen kann, aber nicht muß. Der konkrete andere aus dem eigenen Umfeld hat sich in das Raster einzufügen, das als Fantasma die Meßpunkte für das Begehren des unbewußten Subjekts liefert.

Darf ich fragen, was du letztlich diskutieren möchtest?
Lacan als umstrittener Wiederbeleber Freuds und Zizec mit der philosophischen Übertragung auf die Gesellschaft sind ja schon sehr spezielle Sichtweisen.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2801

Es wird spannend. Wir probieren, innerhalb eines bisher noch ungeschriebenen Kontraktes komplementär aufzutreten.

Ich fange mit einem längeren Zitat von August Ruhs an:

„Wer sind heute die wahren Erben Sigmund Freuds? Julia Harlfinger bat Neurowissenschafter Georg Northoff und Psychoanalytiker August Ruhs zur Debatte über die Dynamik in grauen Zellen, Emotionen und Wissenschaftstrends. – …

STANDARD: Sollten psychiatrische Patienten auf die Couch?

Ruhs: Nicht jeder Patient bringt die Voraussetzungen für eine Analyse mit.

Man braucht die Fähigkeit, sich in ein beobachtendes Ich und in ein erlebendes Ich zu spalten.

Außerdem muss man mit dem Psychoanalytiker die Auffassung teilen, dass seelische Störungen – sofern sie nicht durch körperliche Verletzungen oder Krankheiten verursacht sind – etwas mit der Lebensgeschichte zu tun haben, insbesondere mit frühkindlichen Erlebnissen.

Und natürlich müssen ein gewisser Leidensdruck sowie der Wunsch nach Veränderung da sein.

– derstandard.at/3073509/Jeder-braucht-eine-besondere-Therapie“

Ich würde grundsätzlich der Aussage zustimmen, dass nicht jeder Patient und jedes Störungsbild für eine Psychoanalyse geeignet ist. Dafür gibt es ja heute auch die Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologie.
Deine grundsätzliche Diskussionsfrage stellt sich mir daraus aber noch nicht.
 
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Darf ich fragen, was du letztlich diskutieren möchtest?
Lacan als umstrittener Wiederbeleber Freuds und Zizec mit der philosophischen Übertragung auf die Gesellschaft sind ja schon sehr spezielle Sichtweisen.

Ich gehe durch mein Leben und betrete immer wieder dieselben Räume, so wie es mir von meinem Lebensstil diktiert wird. Für jeden Sektor stehen Ablauf-Fantasien zur Verfügung. Ohne die eingeschliffenen Gewohnheiten wäre kein Alltag denkbar. In den dazughörigen Fantasmen werden mehrere Dinge oder Vorgänge aufeinander abgestimmt. Als ob ich nach definierten Ablauf-Algorithmen greifen würde. Für Irritationen und entsprechende Umwege bleibt dann immer noch Zeit. Das jeweilige Fantasma ist letztlich vom unbewußten Subjekt autorisiert. Es dient ihm als Filter, mit dem das vom Mangel hervorgerufene Begehren sich einen weniger gefährdeten Weg durch die Welt sucht. Lacan hat mich gelehrt, dass Gefährdung relativ ist. Deshalb will ich mit dir und anderen meine Fantasmen durchqueren und daraufhin mustern, ob sie noch brauchbar sind.
 

Volkmar

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Fantasma ... was ist das?

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Gelöschtes Mitglied 2801

Ich gehe durch mein Leben und betrete immer wieder dieselben Räume, so wie es mir von meinem Lebensstil diktiert wird. Für jeden Sektor stehen Ablauf-Fantasien zur Verfügung. Ohne die eingeschliffenen Gewohnheiten wäre kein Alltag denkbar. In den dazughörigen Fantasmen werden mehrere Dinge oder Vorgänge aufeinander abgestimmt. Als ob ich nach definierten Ablauf-Algorithmen greifen würde. Für Irritationen und entsprechende Umwege bleibt dann immer noch Zeit. Das jeweilige Fantasma ist letztlich vom unbewußten Subjekt autorisiert. Es dient ihm als Filter, mit dem das vom Mangel hervorgerufene Begehren sich einen weniger gefährdeten Weg durch die Welt sucht. Lacan hat mich gelehrt, dass Gefährdung relativ ist. Deshalb will ich mit dir und anderen meine Fantasmen durchqueren und daraufhin mustern, ob sie noch brauchbar sind.

Eine wirklich spannende Idee, gerade für einen klassischen VTler, der die selbe Aussage jetzt mit Skripten, Soll-Ist Zustandvergleichen und Assimilation vs Akkomodation umschrieben hätte.
 
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