Keine Ahnung, ob man die neue Dokumentation
Oeconomia über den Kapitalismus empfehlen kann. Im Trailer vielen ein paar Sätze die misstrauisch machen, jedoch auch ein paar vielversprechende.
So wird dort die Frage „Wie entsteht Geld?“ gestellt. Das impliziert ein Problem, welches die Autoren anscheinend in der Geldentstehung sehen. In diesem Strang wird das Problem nicht in der Geldentstehung oder Geldschöpfung, sondern in den körperlichen Eigenschaften(!) der liquiden, von den Zentralbanken geschöpften Geldmenge entlarvt.
Nicht desto Trotz hat die sehr richtige, im Film gemachte Aussage
„dass die Wirtschaft nur dann wächst, dass Gewinne nur dann möglich sind, wenn wir uns verschulden“, eine ungeheure Brisanz! Gerade vor dem Hintergrund, das dieses Jahr Dank dem heftig kritisierten „Corona-Lockdown“, eine nie dagewesene Verschuldung, und damit auch nie dagewesene Gewinne umgesetzt worden sind.
Bleibt zu hoffen, das den Autoren nicht die alten Denk-Fehler unterlaufen, wie steigende Verschuldungen = steigende Geldmengen, also das durcheinanderwerfen von Geld und Geldforderungen. Denn die nachfragewirksame Geldmenge kann nur die Zentralbank erhöhen, und sonst niemand.
Wenn die Ursache von Verschuldungszwang & leistungslosem Kapitalgewinn in der Geldentstehung, anstatt in den Eigenschaften der in Umlauf gesetzten, liquiden Zentralbankgeldmenge gesehen wird, ist die Dokumentation kontraproduktiv und führt die Leute auf Abwege.
Aber noch kein Grund zur voreiligen Schwarzmalerei, denn der Einführungstext liest sich äußerst vielversprechend:
Synopsis
Unser Wirtschaftssystem hat sich unsichtbar gemacht und entzieht sich dem Verstehen. In den letzten Jahren blieb uns oft nicht viel mehr als ein diffuses und unbefriedigendes Gefühl, dass irgendetwas schiefläuft. Aber was? Der Dokumentarfilm OECONOMIA legt die Spielregeln des Kapitalismus offen und macht in episodischer Erzählstruktur sichtbar, dass die Wirtschaft nur dann wächst, dass Gewinne nur dann möglich sind, wenn wir uns verschulden. Jenseits von distanzierten Phrasen der Berichterstattung, die ein Verstehen des Ungeheuerlichen letztlich immer wieder verunmöglichen, macht sich OECONOMIA mit viel Scharfsinn und luzider Stringenz daran, den Kapitalismus der Gegenwart zu durchleuchten. Erkennbar wird ein Nullsummenspiel, das uns und unsere ganze Welt in die Logik einer endlos fortwährenden Kapitalvermehrung einspannt – koste es was es wolle. Ein Spiel, das bis zur totalen Erschöpfung gespielt wird und vielleicht kurz vor seinem Ende steht.
Mit ihrem preisgekrönten Dokumentarfilm „Work Hard – Play Hard“ setzte die Regisseurin Carmen Losmann sich mit den Wirkungen des modernen Human Ressource Managements auseinander. Mit OECONOMIA, der auf der Berlinale 2020 seine Premiere feierte und von der Kritik hoch gelobt wurde, setzte sie ihre eindringlichen Recherchen zu den zerstörerischen Grundlagen unseres Wirtschaftssystems fort und öffnet den Blick jenseits der gängigen Erklärungsmuster und Dogmen auf den Nucleus eines hochexplosiven Systems: Der Schuldner als zentraler Akteur. – Ein Film von brennender Aktualität.
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