Wieso will man, daß Unternehmen anders handeln, als das Gesetz das vorschreibt.? Wenn man das will, dann sollte man bessere Gesetze machen.
Zitat aus:http://www.ndr.de/nachrichten/Luxemburg-erspart-Firmen-Milliarden-Steuern,luxemburgleaks102.html
Luxemburg erspart Firmen Milliarden Steuern
von Julia Stein, Jan Lukas Strozyk und Benedikt Strunz
Bis zu 50 Milliarden Euro verschoben
Entwickelt hat die Steuermodelle die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC). Berater setzten dabei komplizierte Strukturen auf: verschachtelte Firmen, die zum Teil über viele Ländergrenzen miteinander zusammenhängen. Danach wurden die Dokumente, die größtenteils den Jahren 2008 bis 2010 stammen, von der Luxemburger Finanzverwaltung abgesegnet. Die profitiert davon, trotz extrem niedriger Steuerraten: Die Unterlagen belegen, dass Firmen zum Teil gigantische Summen in den Kleinstaat verschoben haben, bis zu 50 Milliarden Euro.
Die Modelle zeigen detailliert, wie die Steuervermeidung funktioniert. Das Energieunternehmen E.ON etwa hat in Luxemburg eine Art firmeneigene Bank eingerichtet hat: eine Tochtergesellschaft, die hohe Summen an E.ON-Geschäftsteile in den USA oder Großbritannien verliehen hat. Diese zahlten das Geld zurück - plus Zinsen. So konnte E.ON in Luxemburg große Barreserven ansammeln, die durch einen Trick mit Verlustvorträgen nahezu komplett am Finanzamt vorbeiflossen. 2012 nahm die Luxemburger E.ON-Tocher rund 130 Millionen Euro ein - zahlte aber etwas weniger als 1.600 Euro Steuern. Eine ähnliche Struktur nutzt auch das DAX-Unternehmen Fresenius Medical Care, das nach eigenen Angaben so rund eine Million Euro Steuern pro Jahr spart - über eine Luxemburger Gesellschaft, deren Geschäftsadresse nicht einmal ein Klingelschild hat.
Amazon, Apple und Ikea sind auch dabei
Die meisten Steuersparer kommen aus den USA. Darunter: Softdrink-Hersteller Pepsi, Versandhändler Amazon, Apple-Tochter iTunes, Baumaschinen-Hersteller Caterpillar, Ketchup-Riese Heinz und das Konsumgüter-Imperium Procter & Gamble, in Deutschland vor allem durch Handelsmarken wie Gillette, Tempo oder Ariel bekannt. Alle Unternehmen nutzen die Vorteile des Landes. Der schwedische Möbelriese Ikea leitet Lizenzgebühren aus Läden in der ganzen Welt über die Niederlande nach Luxemburg und weiter in eine Stiftung in Liechtenstein - jedes Jahr Hunderte Millionen Euro, die in Luxemburg nahezu nicht besteuert werden.
Auch für Immobilien-Geschäfte bietet das Herzogtum passende Modelle an. Die Deutsche Bank hat in Luxemburg Immobilien-Fonds aufgelegt, bei denen kaum Steuern anfielen. Auch zahlreiche institutionelle Investoren nutzen das Land. Staatliche Rentenkassen aus Südkorea und Kanada haben so Hunderte Millionen Euro in Berliner Wohn- und Geschäftshäuser investiert. Auch die American International Group (AIG), einer der größten Versicherer der Welt, hat offenbar von den Steuervorteilen profitiert. Und das, obwohl es zu dem Zeitpunkt mehrheitlich dem US-Finanzministerium gehörte.
Weitere Informationen
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Dossier: Die Steuerdeals der Konzerne
Ein Whistleblower hat Journalisten weitere Dokumente über Steuerabsprachen in Luxemburg zugespielt. Darin finden sich nach Auswertungen von NDR, WDR und "SZ" Firmen wie Disney und Skype. mehr
"Wie ein magisches Märchenland"
"Eine Gesellschaft in Luxemburg bietet eine Möglichkeit, Einkommen aus welchem Land auch immer abzuziehen", sagt Stephen E. Shay, Professor für Internationales Steuerrecht an der Harvard Law School und ehemaliger Mitarbeiter des US-Finanzministeriums. Laut Shay ist Luxemburg für Konzerne "wie ein magisches Märchenland". Die geheimen Absprachen sind in Luxemburg legal, könnten aber von den Steuerbehörden anderer Länder angegriffen werden, wenn sie dort als unrechtmäßig betrachtet werden. Experten schätzen, dass allein deutsche Finanzämter durch die Tricks der Steuerberatungen pro Jahr zwischen 20 und 30 Milliarden Euro Steuern entgehen.
Die Enthüllungen fallen in eine Phase, in der Luxemburg zunehmend unter politischen Druck gerät. Vor kurzem kündigte die Europäische Wettbewerbskommission umfangreiche Ermittlungen gegen das Land an: Individuelle Steuerregelungen, so der Vorwurf, kämen einer verbotenen Beihilfe gleich. Aufklären soll das nun ausgerechnet der Mann, der wie kein anderer für den Aufstieg Luxemburgs als internationaler Finanzstandort steht: Jean Claude Juncker, ehemaliger Luxemburger Premier- und Finanzminister und seit Anfang November Präsident der Europäischen Kommission. Er ist der Architekt hinter vielen der firmenfreundlichen Steuerregelungen im Herzogtum, ein ehemaliger deutscher Finanzminister nennt ihn in einem Hintergrundgespräch den "charmantesten Schutzpatron" der Steuervermeider. Juncker lehnte eine Stellungnahme trotz wiederholter Anfragen ab. Am Mittwoch sagte er auf einer Pressekonferenz: "Die Kommission macht ihre Arbeit. Ich werde da nicht eingreifen."
27.000 Seiten, über 80 Reporter, 26 Länder
Der NDR veröffentlicht jetzt gemeinsam mit dem WDR, der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) und dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) über 1.000 solcher Steuerabsprachen mit insgesamt mehr als 27.000 Seiten. In den vergangen sechs Monaten haben mehr als 80 Reporter aus 26 Ländern die Unterlagen ausgewertet, darunter der britische "Guardian", die französische Zeitung "Le Monde" und der US-Sender CNBC.
Gemeinsam mit dem ICIJ haben NDR, WDR und SZ alle Unternehmen mit den Vorwürfen konfrontiert. Bis auf wenige Ausnahmen wollten sich die Firmen nicht äußern. AIG bestreitet die Vorwürfe, Ikea und Amazon sagten, man habe keine Sonderbehandlung erhalten. Die Deutsche Bank und E.ON bestreiten, dass es sich um Steuersparmodelle handelt. Die Aktivitäten in Luxemburg hätten andere wirtschaftliche Hintergründe. Alle Unternehmen versicherten, sich an geltendes Recht zu halten. PwC lehnte eine Stellungnahme zu konkreten Firmen ab, betonte aber, sich stets an alle Gesetze zu halten. Die Dokumente seien "veraltet" und "gestohlen" und der Vorgang liege bereits bei der zuständigen Behörde. Über einige der Dokumente hat der französische Journalist Edouard Perrin für den Fernsehsender France 2 bereits 2012 berichtet.
Programm-Tipp
Die Nationalflagge Luxemburgs © picture alliance
mit Video
Luxemburg: Die Oase der Steuervermeider
06.11.2014 22:00 Uhr
Das Erste: Panorama
Unternehmen zahlen in Luxemburg überraschend wenig Steuern. Oft wird der effektive Steuersatz auf wenige oder sogar unter ein Prozent gedrückt. Nun belegen zahlreiche Dokumente die absurden Tricks. mehr
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Eintrag 11 bis 15 von 15
Frager X schrieb am 11.11.2014 12:57 Uhr:
Wenn dem Otto Normalverbrauch dies man zugute käme, wenn es keine Steuervermeider mehr gäbe. Ist leider nicht so. Der Staat ist unersättlich. Und wenn Mehreinnahmen kommen überlegen sich doch sofort einige Sozis, wie man da wieder mehr verbraten kann. Normalerweise müssten ja unsere Steuern schon gesenkt worden sein, nach den vielen Steuer CD`s und Selbstanzeigen. Ich habe aber noch nichts gemerkt.
LRichter schrieb am 11.11.2014 17:01 Uhr:
... das ist doch schon länger bekannt. Warum wird das erst jetzt beim NDR veröffentlicht? Wurde dort geschlafen oder bewusst darüber hinweggesehen, was andere schon längst wußten?
Anonymous schrieb am 12.11.2014 10:12 Uhr:
Unglaublich wie lethagisch wir sind. Das kann doch nicht angehen, das hier in höchstem Maße moralische Verfehlungen mit weitreichsten Konsequenzen passieren und es keinen juckt. Diese Verbrecher gehören öffentlich an den Pranger gestellt und vom Palament durchgegrillt. Großbritanien bietet hier genug Vorgaben und Erfolge. Starbucks zahlt jetzt Steuern obwohl sie es nicht müssten. Ich würde gerne den Prof. Dr. Norbert Winkeljohann, Vorstandsvorsitzenden von PWC mal sehen wie er erklärt mit diesen Modellen mehr Wert für unsere Gesellschaft schafft.
z.B. E.ON zahlt Gewerbesteuervorauszuahlungen, verzögert die Buchführung, verschiebt die Gewinne nach Luxenburg und läßt sich dann die Gewerbesteuer mit 6% Zinsen erstatten. Am Ende stehen Gemeinden die nur noch mühsam Ihrem Auftrag nachgehen können. Das kann nicht sein.
Und wenn dann noch hier in den Komentaren zu lesen ist, das es ja egal ist, weil die Politiker das Geld eh zum Fenster rauswerfen, dann fass ich mich nur noch an den Kopf und hoffe das dies mal wieder von bezahlten Agenturarbeitern kommt....
Frager X schrieb am 12.11.2014 18:27 Uhr:
Sie können sicher sein, dass große Firmen sich nicht in Beugehaft nehmen lassen. Die haben mehr Möglichkeiten als wir einfachen Bürger. Und wenn diese Karawane der großen Firmen dann von dannen zieht, haben wir wieder ein paar Arbeitsplätze weniger. Und wenn dem Staat dann die Einnahmen fehlen die noch indirekt von diesen Firmen kamen(Lohnsteuer der Mitarbeiter /Aufwand für Arbeitslosengeld), wird bei uns mal wieder die Mehrwertsteuer oder die Mineralölsteuer erhöht. Ist ja nicht dass erste Mal. Oder haben die für uns schon mal die Steuern gesenkt. Würde mal Zeit. Der Staat wird den Gürtel nicht enger schnallen.
Mag auch sein, dass viele Steuerbetrüger in der Schweiz jetzt aufgeflogen sind. Die hartgesottenen werden andere Ventile finden. Die Welt ist groß.
Mir könnte es nur recht sein, dass der Staat Steuerbetrug nachgeht, wenn ich davon einen Nutzen hätte. Solange dies nicht der Fall ist, gönne ich diesen Verteilern keinen Cent mehr. Vom sparen und wahren kommt das Haben. Und wenn der Staat verantwortlich mit Steuergelder umgehen würde und dann ihm Geld fehlt, dann gönne auch ich dem Staat Mehreinnahmen. Jetzt nicht. Wofür ?
Tom schrieb am 26.11.2014 12:53 Uhr:
Wenn ich als kleingewerbetreibender Hamburger nicht rechtzeitig eine Umsatzsteuervoranmeldung mache, dann prügelt mich das Finanzamt mit hohen Säumniszahlungen und Schätzungen und treibt mich in den Ruin.
Das machen sie emotionslos ( O-Ton ).
Ich könnte kotzen, dass die Steuervermeidungspraktiken der Großen DAX Unternehmen einen ganzes Volk verarschen und sich dabei noch einen feixen.
Man möchte doch glauben dass in den europäischen Regierungen wenigstens 1% schlaue Juristen sitzen, welche im Ramen einer fachübergreifenden Bildung in der Lage sind solch " komplizierte " Vertragsgeflechte zu entheddern und endlich
dem Volk das zu, was Ihm zusteht.
Erwähnenswert ist, dass die Autoindustrie zusätzlich diverse Subventionen zur Entwicklung von Elektrofahrzeugen kassierte. Diese Entwichlungen verlaufen bisher im Schneckentempo.
... Wie war das noch mit der Gewerbesteuer von VW in Niedersachsen...?
Es kann doch nicht sein, dass auf Bundes- und Länderebene gelogen und getrickst wird und das Volk nur noch lethargisch brummt und sich dann wieder " mein dunkles Geheimnis " reinzieht und am nächsten Tag im Stau der Arbeit, die es schon lange nicht mehr ernährt, nähert.
Wir wollen als Folge von journalistischen Enthüllungen auch Konsequenzen aus diesen .
Es ist höchste Zeit zum Handeln !