Naja, es mögen die gleichen Signale in den Gehirn kommen, aber wie du diese verarbeitest, entscheidet dein Gehirn. Und wenn es um so etwas wie Wirtschaftslehre geht, da gibt es diese objektive Wahrheit schon gleich zweimal nicht.
Kommt drauf an ob man VWL als Wissenschaft oder Religion versteht.
Wissenschaftler erstellen ein Modell das basiert auf der aktuellen Faktenlage ein möglichst exaktes Abbild der Realität darstellt. Es muss Vorgänge widerspruchsfrei erklären und verlässlich reproduzierbare Prognosen ermöglichen. Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt das das nicht der Fall ist wird das Modell modifiziert oder verworfen und durch ein besseres ersetzt.
Theologen vertreten ein Modell das sich ein Vordenker ausgedacht hat und das als universell wahr deklariert wird. Wenn ein anderer Theloge ein Modell definiert das besser zur Realität passt wird das alte Modell beibehalten und eine neue "Denkschule" definiert. Die Vertreter des alten Modells formen dann eine alternative Realität um ihr Modell und so ist zu erklären das sich realitätsferne Thesen wie Adam Smith´s einkaltes Händchen bis Heute an Universitäten gelehrt werden.
Also wenn ich mich recht entsinne, hat Griechenland als Staat nicht alle seine Schulden beglichen (Schuldenschnitt). Diese Anleihen waren aber nicht in der EZB-Bilanz. Diese "absurden" Vorschriften führen dazu, dass es eben nicht zu diesen absurden Inflationshöhen kommt, die anderen Länder haben und dass Geld einen Wert hat.
Die Politik hat sich entschieden den Status Quo zu bewahren statt die Spekulation gegen Mitglieder der Eurozone ein für alle mal zu beenden. Niemand der bei Verstand ist würde gegen den japanischen Staat wetten obwohl Japan die bezogen aufs BIP die mit Abstand größte Staatsverschuldung der Welt besitzt. Warum? Weil die japanische Notenbank jeden Angriff auf den Yen abwehren würde.
Nochmal: Eine Zentralbank hat nur auf die Zentralbankgeldmenge direkten Einfluss. Die Geldmenge die in der Realwirtschaft nachfragewirksam wird schaffen die Geschäftsbanken. Durch ihre Kredite entsteht das Geld mit dem Du und Ich einkaufen gehen. Damit das von der EZB geschaffenen Zentralbankgeld die Inflation beeinflussen kann wird zwingend eine Bank oder der Staat als Transmissionsinstrument zwischen den Geldebenen "Zentralbankgeld" und "Guthaben der Nichtbanken" benötigt. Deshalb konnte die EZB in der Vergangenheit die Zentralbankgeldmenge massiv ausweiten ohne das es irgendeine Auswirkung auf die Inflation hatte.
Ich weiß nicht, ob ich dir folgen kann, aber ich denke, du meinst, wenn die Zentralbank die die Anleihe von 105€ abschreibt, könnte sie einfach wo anders eine restriktivere Geldpolitik betreiben, um die 105€ wieder reinzuholen? Also dann den Repozins so erhöhen, damit 105€ zusätzlich an Zinsen reinkommen und dem Markt wieder 105€ entzogen wird? Ja, könnte klappen.
Du musst den Zins nichtmal erhöhen, es ist viel einfacher. Banken tauschen Wertpapiere für einen festgelegten Zeitraum gegen Zentralbankgeld, dadurch erhöht sich die Zentralbankgeldmenge. Nach Ablauf dieses Zeitraums erfolgt der Rücktausch Wertpapier (zurück zur Bank) gegen Zentralbankgeld (zurück zur EZB). Dadurch verringert sich die Zentralbankgeldmenge entsprechend. Wenn die EZB also die 105 Euro wieder reinholen will dann emittiert sie einfach 105 Euro weniger neues Zentralbankgeld als sie zurückbekommen hat.
Beispiel: Im Laufe der Woche haben die Banken für 1 Million Euro Wertpapiere zurückgetauscht, um diesen Rückfluss auszugleichen müsste die EZB am Wochenende Wertpapiere in Höhe von 1 Million neu ankaufen um die Geldmenge gleich zu halten. Wenn sie Wertpapiere in Höhe von 999.895 Euro ankauft sind deine 105 Euro aus dem Markt.
Aber um mal realistisch zu sein: Falls ein Staat wie zB. Italien in Zahlungsschwierigkeiten kommt, dann muss der deutlich höhere Zinsen für neue Schulden bezahlen (oder bekommt gar keinen Kredit mehr). Hilft dann die restriktivere Geldpolitik (= höhere Zinsen + weniger Anleihen aufkaufen) denn da? Ich denke, dieses Zusammenspiel ist bekannt, warum Zentralbanken von soliden Währungen erpicht sind, nur kurzlebige AAA-Anleihen in ihrer Bilanz stehen haben wollen. Die Zentralbank von Argentinien finanziert die Staatsausgaben ja direkt und naja, für meinen Euro hab ich damals 2011 6 Pesos bekommen, jetzt würde ich 88 bekommen.
Da kannst Du Dich zunächst mal bei den Währungsspekulanten bedanken die von den hohen Zinsen in Argentinien profitieren wollten. Aber niemand verlangt das der Staat unbegrenzt Geld von der Zentralbank bekommen sollte, auch ich nicht. Wenn Durch staatliche Aktivitäten die Auslastung der Wirtschaft an ihre Grenzen kommt muss sich der Staat zurückhalten bevor die Konjunktur überhitzt. Der Staat hat aber, anders als die Zentralbank, die Möglichkeit duch seine Ausgaben direkten Einfluss auf die Inflation zu nehmen.
Also nach meiner Erfahrung und vielen Jahren in Foren, die sich mit dem Geldsystem befassen, lenkt diese ganze Diskutiererei über Zentralbankgeld und Buchgeld der Geschäftsbanken nur ab. Man kommt sich dann besonders klug und überlegen vor, weil man glaubt, das Geldsystem zu verstehen, was 99% der Bevölkerung nicht rafft. Was hat denn deine Antwort mit meinem Argument zu tun? Hinter Geld muss eine reale Ressource stehen, die tauschbar ist, sonst ist das Geld nix wert. Und das hat in erster Linie mit Vertrauen zu tun.
Klar. Nur muss man schon genau wissen was Geld ist wenn man ein sinnvolles Ergebnis bekommen will. Wenn Du eine reale Ressource kaufen willst brauchst Du dafür Geld auf das Du Zugriff hast. Dieses Geld ist das Guthaben auf deinem Girokonto, an Zentralbankgeld kommst Du als Privatkunde schlicht nicht (direkt) ran weil Du kein Zentralbankkonto hast.
Ich hab mich mit dieser kaum beschäftig. Stimmt es, dass es im Kern darum geht, dass die Zentralbank von der Politik abhängig wird und deren Ausgaben finanziert (anstatt Steuern)? Welchen Anreiz gibt es für die Entscheider, sich mal zu Gunsten der Geldstabilität und gegen zB. die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit zu entscheiden? Was würde sich durch die Anwendung der MMT im Vergleich zu heute verändern?
Richtig fit bin ich da auch nicht aber soweit ich das verstanden habe gibt es weiterhin Steuern. Der Kerngedanke ist glaube ich das der Staat die primäre Quelle für Geld ist.
Heute ist es so das die Geschäftsbanken mit Zentralbankgeld Staatsanleihen vom Bund kaufen und bei der EZB gegen neues Zentralbankgeld eintauschen. Bei diesen Auktionen wird er Ausgabepreis der Anleihe festgelegt, wenn die Bank eine Anleihe mit dem Nennwert 100 Euro für 95 Euro am Primärmarkt kauft und bei der Zentralbank eintauscht hat sie sofort einen Gewinn von 5% gemacht und das ohne Risiko.
Die Banken am Primärmarkt bekommen dadurch zum einen praktisch Geld geschenkt und zum anderen eine nicht unerhebliche Macht. Diese 30 Großbanken bestimmen den Preis für das Geld das der Staat zum funktionieren braucht, sie können es belohnen wenn der Staat in ihrem Sinn handelt oder ihn auch mit hohen Aufschlägen bestrafen.
In der MMT wird der Weg des Geldes abgekürzt. Die Zentralbank stellt das Geld das der Staat braucht diesem direkt zur Verfügung. Die Vorteile liegen denke ich auf der Hand.
- Der Staat muss bei seinen Entscheidungen nicht mehr berücksichtigen wie der Markt (die 30 Großbanken) auf seine Entscheidungen reagiert
- Spekulationen auf eine eventuelle Staatspleite sind unmöglich
- Die Banken bekommen kein Geld mehr für das risikolose hin- und herschieben von Geld zwischen Zentralbank und Staat
- Der Staat hat die Möglichkeit die Inflation auf den gewünschten Zielwert zu bringen
- Der Staat kann Krisen bekämpfen ohne durch einen anschließenden Sparzwang das dadurch erreichte Wirtschaftswachstum gleich wieder abzuwürgen
- Der Staat hat genug Geld um die öffentliche Infrastruktur zu sanieren und zukunftsorientierte Projekte anschieben zu können.
- Der Staat kann das Steuer-/Subventionssystem so umbauen das die Steuerungswirkung im Mittelpunkt steht und nicht das Erzielen von Einnahmen.
Und deiner Ansicht nach bringt "Spekulation" mehr Geld als Immobilienkredite zu vergeben? Dann nehme ich an, du hast dein Vermögen auch größtenteils in Optionsscheinen und Teslaktien, oder?
Ich hatte mal Siemensaktien aber das ist schon ein Weilchen her.
Das war ein Witz. ich spare nicht bis ins Lebensende, um dann am Sterbebett den Kaufvertrag des Hauses zu unterschreiben. Ich will schon drin wohnen, bevor ich das Geld zusammen hab.
Wenn Du das Geld nicht hast kommst Du vermutlich um einen Kredit nicht herum.