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Was der Kollaps des Finanzsystems über den Reichtum der kapitalistischen Nation lehrt

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Iphigenie

Was der Kollaps des Finanzsystems über den Reichtum der kapitalistischen Nation lehrt

Peter Decker
Ehrenwerte Geschäfte
Was der Kollaps des Finanzsystems über den Reichtum
der kapitalistischen Nation lehrt

Jetzt, wo die weltgrößten Banken zusammenbrechen
und sich über Nacht Vermögenswerte von vielen Milliarden
in Luft auflösen, machen sich Politiker, Wirtschaftsfachleute
und Journalisten Sorgen um die Wirkungen dieser
Zusammenbrüche auf so etwas wie die »Realwirtschaft«.
Das ist bemerkenswert, denn bis vor kurzem war ein
Unterschied zwischen Börsenkursen und Bankrenditen
einerseits und dem Reichtum, der aus Produktion und
Verkauf von nützlichen Dingen hervorgeht, andererseits
völlig unbekannt. Sogar dem einfachen Volk, das keine
Aktien besitzt, wird in den Abendnachrichten der Stand
der Börsenkurse bekanntgemacht, die unmittelbar als
Auskunft darüber verstanden werden sollen, wie es um
»die Wirtschaft« steht.

Wenn die Laune der Börsianer gut gewesen und die
Börsenkapitalisierung der DAX-Unternehmen wieder
einmal gewachsen ist, dann ist – wie auch immer –
der Reichtum größer geworden, von dem »wir alle« l
eben. Weil Banken nun aber krachen und die
Finanzakkumulation nicht mehr funktioniert – und vermutlich
so lange, wie sie nicht wieder in Gang kommt –, kennt
die Fachwelt den Unterschied zwischen spekulativen
Vermögenstiteln und wirklichem Reichtum, der in der
»Realwirtschaft« durch Arbeit erzeugt wird.

Gleichwohl plädiert keiner der Experten dafür, sich auf
die Produktion wirklichen Reichtums zu konzentrieren
und die Finanzhäuser mit ihrer spekulativen Geldvermehrung
getrost vor die Hunde gehen zu lassen. Das ist in einer
kapitalistischen Nation jenseits aller Vorstellung. Gerade
in dem Augenblick, in dem der Finanzzauber auffliegt,
machen sich die Zuständigen größte Sorgen um den Dienst,
den das Kreditwesen der Realwirtschaft leisten soll.
Im Namen dieses Dienstes beschuldigen sie die Akteure an
den Finanzmärkten, alles verkehrt gemacht zu haben.
Lächerlich, wie die Liebhaber eines potenten Finanzsektors
auf einmal Gier bei den jahrelang hochgejubelten Bankern
entdecken, wie sie, die sonst Risiko und Risikobereitschaft
als Vorzug des kapitalistischen Wirtschaftssystems loben,
nun maßlose Risiken kritisieren, die die für gigantische
Renditen bewunderten Investmentbanken eingegangen
seien und wohl selbst nicht mehr durchschaut hätten.

Dabei haben die Investoren und Verwalter der großen
Geldvermögen überhaupt nichts falsch und auch nichts
entscheidend anders gemacht als immer schon. Sie haben
das Wachstum ihrer Branche und damit ihre Bereicherung
mit einer Sorte Geschäft auf immer neue Höhen getrieben,
das von seinem grundsoliden Ausgangspunkt an spekulativ ist.

Geschäft mit dem Geld-Verleihen
Banken machen dasselbe wie alle kapitalistischen
Unternehmer: Sie machen aus Geld mehr Geld –
das allerdings ohne den Umweg über Produktion und
Verkauf von Gütern, den andere für dasselbe Ziel
nehmen müssen. Zur Schaffung des materiellen Reichtums
tragen die Geldhäuser nichts bei. Sie verleihen Geld
– und vermehren es durch eine Vereinbarung mit ihrem
Kreditnehmer: Der muß es ihnen nach einer vereinbarten
Frist mit Zinsen zurückzahlen. Dabei ist es ihnen sogar
gleichgültig, ob ihr Kunde das geliehene Geld als Kapital
investiert und Rückflüsse erwirtschaftet oder ob er es
für Konsum ausgibt. Seine vertragliche Rückzahlungspflicht
gilt unbedingt; seine tatsächliche Fähigkeit dazu hängt
jedoch davon ab, ob er sich das erforderliche Geld bis
zur Fälligkeit beschaffen kann. Diesen Umstand ignoriert
das Kreditverhältnis: Es tut so – und wenn es klappt, ist
es für die Bank ja auch so –, als ob sich das Geld im Maß
der verstreichenden Zeit automatisch vermehrte: In ihrer
Hand ist Geld unmittelbar Kapital – aber nur dadurch,
daß sie auf eine Geldvermehrung spekuliert, die andere
betreiben und die sie nicht in der Hand hat.

Allgemeinheit und Verbreitung des Kredits beruhen also
schon darauf, daß er für kapitalistische Geldvermehrung
eingesetzt wird. Im Zins eignet sich die Bank einen Teil
des in Produktion und Handel erwirtschafteten
Überschusses an. Ihre Macht, vom Kreditnehmer mehr
Geld zurückzufordern, als sie ihm gibt, gründet darauf,
daß sie ihn instand setzt, Profit mit Kapital zu machen,
das ihm gar nicht gehört. Er zahlt den Tribut, weil er mit
geliehenem Kapital mehr Gewinn machen kann als nur
mit eigenem.

Die verfügbare Kapitalgröße erscheint als die entscheidende
Bedingung des Gewinnemachens in einer Welt, in der die
wirkliche Quelle des materiellen Reichtums nichts gilt, weil
sie so zuverlässig funktioniert. Von Willen und Bereitschaft
der Arbeiter, die die nützlichen Dinge schaffen, die dann
mit Gewinn verkauft werden, hängt in einem geordneten
Kapitalismus nichts mehr ab: Arbeitskräfte gibt es in den
Berufen aller Bildungsniveaus reichlich bis überreichlich
und billig, und sie stehen so selbstverständlich zur Verfügung,
daß sich kein Kapitalist von ihnen mehr abhängig sieht;
er kalkuliert sie neben Rohmaterial und Betriebsstoffen
locker als Produktionsfaktoren.

Unter solchen Umständen hängt die Fähigkeit zur
Gewinnerwirtschaftung tatsächlich nur noch ab von
der Macht des Geldes. Wer sich die erforderlichen
Produktionsmittel beschaffen, den nötigen Kapitalsvorschuß
leisten, wer Mittel auch für Phasen von Forschung und
Entwicklung vorstrecken und technische Innovationen
bezahlen kann, die die Anlagen der Konkurrenten übertreffen
und entwerten, der macht das Geschäft. Ob und in welchem
Maß eine Firma oder eine Nation auf ihrem Standort die
Profitmacherei in Gang setzen, welche Waffen der
Konkurrenz sie einsetzen kann, alles entscheidet sich
an der Verfügung über die nötige Menge Kapital. So
kommt der absurde, in sich unerklärbare Schein zustande,
das Geld selbst sei die Quelle seiner Vermehrung – als sei
Geld ohne weiteres und aus sich selbst Kapital.

Die Verfügung über Kapital gewährt die Bank– und befreit
so die private und nationale Akkumulation von den Grenzen,
die ihr der in der Vergangenheit akkumulierte, investierbare
Gewinn zieht. Auf diesem Dienst an der industriellen und
merkantilen Profitmacherei gründet die Macht der Bank,
sich an den Zuwächsen zu beteiligen, die andere aus
ihren Arbeitskräften herausholen.

Akkumulation des Finanzkapitals
Freilich, der Profitmacherei mit der Lohnarbeit einen Dienst
zu leisten, ist nicht der Zweck der Bank. Sie dient nicht
der Realwirtschaft, sondern nutzt – wie jedes kapitalistische
Unternehmen– den Bedarf anderer aus, um daraus für sich
ein Plus zu machen. Die kapitalistische Realwirtschaft und
das ganze Produzieren und Konsumieren der Gesellschaft,
das daran hängt, ist Mittel der Selbstverwertung des
Finanzkapitals– und das keineswegs nur in der beschränkten
Perspektive der Finanzmagnaten selbst, sondern objektiv:
Die Banken, die darüber entscheiden, welche Firma Kredit
bekommt, damit also über die nötigen Waffen der Konkurrenz
verfügt, und welche nicht, wessen Schulden prolongiert werden,
welcher säumige Schuldner dagegen Konkurs anmelden muß,
sind die wirtschaftlichen Machtzentren, die den Gang des
Kapitalismus bestimmen.

Ihr Privileg, Geld ohne allen Umweg zu Kapital zu machen,
d. h. es allein durch Verleihen und Zurückfordern zu
vermehren, nutzen Banken, so gut sie können. Dabei
kämen sie nicht weit, wenn sie (nur) das Geld verleihen
würden, das ihre Eigentümer aus Privatvermögen eingebracht
haben, und dann warten würden, bis es mit Zinsen zu ihnen
zurückfließt. Wie ihre Kreditnehmer »arbeitet« auch die Bank
mit Geld, das ihr nicht gehört. Sie leiht es sich beim Publikum,
indem sie Einlagen einwirbt und für Sparbücher, Festgeld,
manchmal auch für Girokonten, Zinsen verspricht.
Sie beschafft sich Verfügung über fremdes Geld, um
ihrerseits gegen höhere Zinsen anderen Verfügung über
fremdes Geld zu gewähren.

Auf diese Weise trennt die Bank das Eigentum an Geld
von der Verfügung darüber und macht einen doppelten
Gebrauch vom Geld. Von ihrem Kreditgeber, dem Inhaber
eines Kontos bei ihr, nimmt sie Geld und verleiht es weiter.
Das Eigentumsrecht bleibt beim Kreditgeber, das Geld selbst
wandert zum Kreditnehmer, der damit wie mit eigenem Geld
umgehen kann. Den Einlegern verspricht die Bank gleichwohl
die jederzeitige oder an Fristen gebundene Verfügung über
das eingelegte Geld, das sie gar nicht mehr hat – und das
sie erst in irgendeiner Zukunft und dann abhängig von
Geschäftserfolg und Solvenz ihres Schuldners wieder
zurückzubekommen hofft. Das ist die zweite Stufe der
Spekulation.

Gleichgültig, wie sie dieses Kunststück im einzelnen hinbekommt
– sie praktiziert es nicht nur im Verhältnis zu ihren Einlegern,
sondern auch zu sich selbst: Weggegebenes Geld, das sie bis
zur Rückzahlung, die fraglich ist, nicht hat, betrachtet sie als
einen Vermögenswert, den sie hat, und führt ihn als »Aktivum«
in ihren Büchern. Schon wieder hielte sie es für ein sträfliches
Brachlegen von Vermögen, wenn sie den Anspruchstitel auf
künftige Rückzahlung, den sie besitzt, in ihren Büchern herumliegen
ließe und auf die Tilgung wartete. Sie behandelt die Schulden
ihrer Kunden als »Assets«, als zinstragendes Kapital, das sie
mit Gewinn an andere Geldanleger weiterverkauft oder zur
Grundlage eigener neuer Kreditaufnahme macht, um ohne
neues eigenes Kapital denselben Kreisverkehr der Verdopplung
des Geldvermögens immer wieder und auf immer größerer
Stufenleiter zu eröffnen.

Kreditzirkel
Die Zahlungsfähigkeit, die Banken und Finanzhäuser
durch die Verwendung fremder Schulden als verkäufliche
oder beleihbare Vermögenswerte kreieren, verwenden
sie selbstverständlich nicht nur und auch nicht überwiegend
zur Kreditierung der Wachstums- und Konkurrenzbedürfnisse
ihrer Kunden aus der »Realwirtschaft«, sondern investieren
sie in alles, was ihnen Zuwachs verspricht: in Aktien,
Rohstoffe, edle Metalle und auch in zinstragende Wertpapiere,
die andere Banken auf den Markt bringen. Damit befreit das
Finanzkapital sein Wachstum und seine Rendite von den
beschränkten Wachstumsbedürfnissen und
Wachstumsgelegenheiten, die Industrie und Handel ihm bieten.

Von einem Dienst des Finanzsektors an der Realwirtschaft ist
da nichts mehr zu sehen: Diese Abteilung Kapital, auf die
es für den Rest der kapitalistischen Wirtschaft so entscheidend
ankommt, nutzt schlicht ihre Sonderstellung und akkumuliert
aus sich selbst. Sie radikalisiert ihre Fähigkeit, Geld ohne
Umweg als Kapital zu nutzen, noch einmal und nutzt gar nicht
Geld, sondern Geld, das es nicht hat, versprochenes,
erwartetes Geld – Kredit eben – als sich verwertendes Kapital.

Die eine Bank beschafft sich Zahlungsfähigkeit, indem sie
Kredit bei anderen Banken nimmt, und zwar derart, daß sie
ihnen Wertpapiere, verzinste Rückzahlungsversprechen
verkauft, die sie auf den erwarteten Erfolg ihres Geschäfts
hin gibt. Und sie gibt anderen Banken Kredit, indem sie von
ihnen emittierte Wertpapiere kauft. In diesem Zirkel kreieren
die Finanzhäuser immer neue Investitionsgelegenheiten und
zugleich die Investitionsmittel, die es braucht, um die
Gelegenheiten wahrzunehmen. Sie geben einander und
nehmen von einander Kredit, schreiben sich dadurch immer
größere Vermögen gut und zahlen und kassieren darauf
immer mehr Zinsen und ähnliche Erträge. Was bei einer Bank
alleine Schwindel wäre, ist bei dem Kreditgebirge, das der
Bankensektor errichtet, ein ehrenwertes Geschäft:
Das Kreditsystem kreditiert sich selbst.

Das geht – so lange nämlich, wie die Anleger, also im
wesentlichen die Banken selbst mitsamt ihren
Investment- und Hedgefonds, mit den Geldvermögen,
die sie sich gutschreiben und auf den Finanzmärkten
immerzu umschlagen, nichts anderes anstellen wollen,
als sie schleunigst wieder in profitable Anlagen zu investieren.
Sobald aber, angestoßen wodurch auch immer, Zweifel an der
endlosen Fortsetzbarkeit dieser Spirale aufkommen und nicht
nur einzelne statt neuer Wertpapiere das Geld sehen wollen,
das diese Papiere verheißen, sondern viele, dann wird schnell
deutlich, daß keine Bank das Geld hat und zurückzahlen kann,
das sie ihren Gläubigern schuldet und verspricht.
Die Kettenreaktion, die droht, wenn eine Großbank zusammenkracht,
ist eine schöne Probe aufs Exempel: Warum kann die Pleite der
deutschen IKB-Bank den ganzen nationalen Finanzplatz mitreißen?
Warum hat der Zusammenbruch eines Hauses wie Lehman Brothers
die Potenz, das Weltfinanzsystem zu zerstören? Eben weil die
Vermögen der Banken aus nichts anderem bestehen als aus
Schulden anderer Banken. Wenn eine ihre Schulden nicht mehr
bedienen kann, dann legt das offen, daß die Vermögen der
anderen nichts wert sind, weil sie ja bloß aus Zahlungsversprechen
von Konkurrenten bestehen. Das beweist immerhin eines:
In einem entwickelten Finanzsystem machen Banken ihr Geschäft
nicht wirklich mit Geld, das sie haben oder sich leihen,
sondern mit dem Kredit, den sie als die großen Zentren
der Geldmacht genießen. Ihr Geschäftsmittel ist das Vertrauen
ihrer Konkurrenten und darüber des breiten Publikums darauf,
daß sie immer zahlen können, wenn sie müssen. Sie genießen
nicht das Vertrauen, weil sie zahlen können, sondern sie können
zahlen, weil und solange sie dieses Vertrauen besitzen.

Daß sich da periodisch Mißtrauen einstellt, ist nur zu berechtigt.
Schließlich bestehen die Vermögenswerte, die in gigantischem
Ausmaß geschaffen und akkumuliert werden, nicht in gutem
Geld, dem allgemeinen Zugriffsmittel auf den produzierten
Reichtum, sondern in Versprechen auf zukünftige Zahlung
von Geld. Solange das Vertrauen in die spätere Zahlung intakt
ist, sind die Schuldtitel bei Bedarf zu Geld zu machen, sind
also geldgleiche Wertpapiere. Umgekehrt – umgekehrt. Da
das eigene Vertrauen der Anleger der einzige Grund dafür ist,
daß sie Vertrauen haben können, kippt dieser Zirkel immer
wieder in sein Gegenteil; Anlässe dafür gibt es genug; das
müssen nicht, können aber auch einmal mißlungene Geschäfte
in der Realwirtschaft sein. Im Umkippen des Vertrauens und
im verzweifelten Versuch, Schuldpapiere noch zu Geld zu
machen, wird deutlich, daß das von der wirklichen Produktion
des kapitalistischen Reichtums abgelöste Wachstum des
Finanzsektors kein selbstgenügsames Börsenspiel ist,
sondern dieser Sektor allen Ernstes aus sich heraus kapitalistischen
Reichtum zu schaffen und zu vermehren beansprucht.

Im Zusammenbruch und in der Rückabwicklung dieser
autonomen und fiktiven Akkumulation besteht ihr Zusammenhang
mit dem wirklichen, durch Arbeit und Ausbeutung vermehrten Geld,
das natürlich immer zu wenig ist, sobald überhaupt die Frage
aufkommt, ob es das Geld auch gibt, das die vielen Wertpapiere
versprechen. Solche Zusammenbrüche der spekulativ
geschaffenen Reichtümer sind nicht neu. Wenn sie gegenwärtig
heftiger ausfallen als meistens, wenn nicht nur dieser oder
jener Sektor des Finanzmarkts kracht und nicht nur das eine
oder andere Land bankrott ist, sondern das ganze
Weltfinanzsystem zusammenzubrechen droht oder
zusammenbricht, dann nur, weil die finanzkapitalistische
Akkumulation, die diesem Ende vorherging, besonders
groß und global war.

Die Staaten retten ihr Finanzsystem
Jetzt springen Regierungen ein und hauen die bankrotten
Banken heraus: Die Bundesregierung steckt zehn Milliarden
Euro in die insolvente IKB, noch einmal eine ähnliche Summe
spendieren Landesregierungen diversen Landesbanken;
die US-Regierung will die unvorstellbare Summe von
zusammengerechnet einer Billion Dollar aufwenden, um
den laufenden Zusammenbruch ihres nationalen Kreditsystems
zu stoppen. Die Pleiten der großen Spekulanten sind offenbar
keine Privatsache. Mit ihrem gewaltigen Einsatz bekennen die
Staaten, daß eine funktionierende Spekulationsbranche das
Lebenselixier ihrer Wirtschaft und ihrer eigenen Finanzen ist.
Zahlungsfähigkeit sowohl für die nötigen Investitionen der
nationalen Wirtschaft wie für den Bedarf des Staatshaushalts
im Prinzip unbegrenzt, allein durch die Benutzung des
Vertrauens in die Kreditmacht der Geldhäuser mobilisieren zu
können,– das ist die entscheidende ökonomische Potenz einer
Nation in der kapitalistischen Welt. Am Grad, in dem sie über
diese Potenz verfügen, unterscheiden sich die Staaten; solche,
die diese Kreditmacht nicht bei sich versammeln können oder
verlieren, bleiben auf ewig arm und ohnmächtig – oder
werden es schnell.

Ihren überragend wichtigen Dienst leisten die Finanzkapitalisten
dem Vaterland um so besser, je mehr sie zu ihrer spekulativen
und an gar keinem Dienst orientierten Vermehrung ihrer
Bankprofite, ihrer Schuld- und Vermögenstitel freigesetzt sind.
Deshalb sind die Vorwürfe der Politiker an die »Zocker und
Spekulanten« in den Finanzagenturen so unehrlich: Die jeweiligen
Regierungen selbst haben ihnen Jahrzehnte lang immer größere
Freiheiten eingeräumt, um Wachstum und Ertrag des
Finanzsektors zu steigern. Wenn die Spekulation der großen
Geldgeier platzt, dann ist für deren Rettung kein Opfer an
staatlichen Geldmitteln zu schade, und die ganze Gesellschaft
wird über Steuern und Staatshaushalt für die Rettung der
Banken in Dienst genommen. Der Dienst der Geldkapitalisten
am Gemeinwesen besteht in ihrer Bereicherung; damit das klappt,
muß das brave Volk nicht nur in der Realwirtschaft seinen Dienst
tun und billig Leistung abliefern; in Notzeiten wird es darüber
hinaus für die Rettung der Kreditanstalten in Anspruch genommen,
die mit Milliarden jonglieren.

Das geht in Ordnung: Das Geldkapital verkörpert auch gegenüber
den vielen Kapitalen in Handel und Industrie noch einmal das Kapital
also solches. Sein Geschäft, Geldeigentum ohne jeden
Zwischenschritt zur Quelle von mehr Eigentum zu machen,
muß gelingen, damit alle anderen Geschäfte gelingen können.
Von der spekulativen Bereicherung der Finanzmagnaten ist
das gesamte Wirtschaftsleben des Landes abhängig gemacht,
auch Arbeit und Lohn der eigentumslosen Masse. Wer diesen
Wahnsinn nicht angreifen will, sollte auch nicht darüber schimpfen,
daß der Staat bei der Not der Armen jeden Euro spart, Banken in
Not aber die Milliarden in den Arsch bläst.

Quelle: junge Welt
 
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Das Grundproblem einer kapitalistischen Ökonomie besteht darin, dass die Realwirtschaft nicht so stark wächst, um die Profitforderungen der Kapitaleigentümer befriedigen zu können.

Bei einem realen Wachstum der Ökonomie von 2% jährlich haben wir eine reale Akkumulation von Profit in Realkapital von etwa eben diesen 2 Prozent.

Dafür betreibt natürlich kein Kapitalist mit seinem Kapital eine eigene Firma. Außerdem hat er die Macht, die Löhne und sonstigen Kosten zu drücken und die Preise anzuheben, bis in seiner Firma ein höherer Profit durchgesetzt ist.

Die Folge davon: fallende Löhne und fallende Preise der kleineren Zulieferer mit einer unabwendbaren Rezession wegen mit sinkenden Einkommen unzureichender Nachfrage.

Man muß in der Ökonomie also für fiktive Profite sorgen. Zum Beispiel durch Börsengewinne mit steigenden Aktienkursen oder durch wachsende Staatsverschuldung, mit der die fiktiven Profite der privaten Kapitaleigner eine Anlage finden und in Nachfrage verwandelt werden.

Irgendwann ist das Wachstum des fiktiven Kapitals in schwindelnden Höhen angelangt, in denen der Schwindel, auf dem dieser Reichtum beruht, sichtbar wird.

Jetzt muß das fiktive Kapital entwertet werden: durch Crash der Schuldner und der Aktien oder durch Inflation der Masseneinkommen.

Einen anderen Ausweg gibt es nicht. :giggle:
 
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I

Iphigenie

Einen anderen Ausweg gibt es nicht. :giggle:

Gibt es schon. Einen großen Krieg, indem viele Sachwerte
zerstört werden. Danach gibt es einen Neuanfang mit einer
Währungsreform. 1948 wurde das sehr schön vorgeführt.
Jeder Deutsche erhielt ein Kopfgeld, und alle Spareinlagen
von Nichtunternehmern wurden eins zu zehn abgewertet.
Für 100 Reichsmark erhielt ein Nichtunternehmer 10 neue
bundesrepublikanische Mark. Ein Unternehmer für 100 Reichsmark
50 neue bundesrepublikanische Mark (weil er ja schließlich
das Land und die Produktion wieder aufbauen mußte).

Allerdings stecken die Machthaber der Welt in einer Zwickmühle:
Beginnen sie einen großen Krieg, kommt es zu einem Einsatz
von Atomwaffen; und da es ihnen raumfahrtmäßig noch nicht
gelungen ist, auf andere Planeten auszuweichen, werden sie
sich das dreimal überlegen.
Beginnen sie ihn nicht, kommen sie in große Bedrängnis durch das
exorbitante Ansteigen der Erdbevölkerung, das ihnen große
Kümmernis bereitet........

Iphi:)
 

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