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"Der Kinderteller" - Jonathan Swift zur Lösung wirtschaftlicher Probleme

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"Der Kinderteller" - Jonathan Swift zur Lösung wirtschaftlicher Probleme

ACHTUNG SATIRE!

Dieser Strang ist für Kinder unter einem Jahr und ihre Eltern nicht geeignet!

Derzeit wird in den Medien über die Haushaltskrise in Griechenland debattiert und unsere "Experten" scheinen alle nur eine einzige Idee zu haben:

S P A R E N !

Dabei hat der anglo-irische Schriftsteller Jonathan Swift schon vor dreihundert Jahren einen luziden und mit dem Geist der freien Marktwirtschaft in Einklang stehenden Vorschlag zur Lösung wirtschaftlicher Probleme entwickelt. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit löst a modest proposal nicht nur ökonomische, sondern auch soziale und ökologische Probleme. Schon im Urtext hat Swift darauf hingewiesen, dass sein Vorschlag auch der "demographischen Herausforderung" (= Exterminieren unerwünschter Menschengruppen) gerecht wird. Zu seiner Zeit und in Großbritannien bzw. dem damals britischen Irland waren das die katholischen "Papisten", denen so Einhalt geboten wurde.

Nun ja, koscher ist der Vorschlag von Jonathan-Swift allerdings nicht und sollte er im Zuge der Lösung der Haushaltsprobleme Griechenlands aufgegriffen werden, gewinnt der "Kinderteller" in griechischen Restaurants eine ganz neue Bedeutung :rolleyes2:

Zu Jonathan Swift, den meisten als Autor von "Gullivers Reisen" bekannt, siehe hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Jonathan_Swift

Eine deutsche Übersetzung von "a modest proposal" hier:

http://logos.kulando.de/post/2009/03/27/jonathan-swift-ein-bescheidener-vorschlag

Der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Oberender ist wissentlich oder unwissentlich in die Fußstapfen von "a modes proposal" getreten. Er hat den Geist des Swiftschen Reformkonzeptes mit diesen Worten in eine zeitgemäße Form gegossen:

Wenn jemand existenziell bedroht ist, weil er nicht genug Geld hat, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu finanzieren, muss er meiner Meinung nach die Möglichkeit zu einem geregelten Verkauf von Organen haben.

zitiert nach: http://bg45.de/index.php/2009/01/16/jobcenterfreies-leben-durch-organspende/

Mehr dazu hier: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,299541,00.html

Wir sehen: der Geist von Jonathan Swift lebt und die Reformdiskussion unserer Tage hatte ihre Vorläufer in den Diskusen seiner Zeit ;)

Es ist natürlich alles Satire, zumindest bei Swift. Darüber steht auf Wikipedia:

Nach gescheitertem politischen Engagement, zuerst für die Whigs und, wegen Enttäuschung über deren Politik, ab 1710 für die Tories, beendete der Tod Queen Annes den Einfluss der Tories und somit auch Swifts politische Karriere. Er war 1710/1711 Herausgeber der Tory-Wochenzeitung Examiner. Auch hatte dem ehrgeizigen Swift die politische Betätigung bei den Tories zum Dekanat von St. Patrick in Dublin verholfen. Seiner Rückkehr nach Irland folgten scharfzüngige, politische Satiren, in denen er die Ausbeutung der mittellosen Iren durch englische Gutsbesitzer angriff. Einige Satiren erregten ein solches Aufsehen, dass die englische Regierung für die Ausfindigmachung des anonymen Verfassers 300 Pfund auslobte. Berühmt sind die Briefe des Tuchhändlers W. B. in Dublin (1723), in denen er das neue englische Kupfergeld in Irland schmähte. Den Vorwurf von Erzbischof Boulter, er wiegele das Volk auf, konterte Swift mit der Bemerkung: Ich bräuchte bloß meine Finger zu heben und Sie würden in Stücke gerissen.

Quelle s. o.



Durch "a modest proposal", das ich in einer deutschen Neuübersetzung im SF-Magazin Pandora gelesen habe, schimmert eine tiefe Frustration über die satirisch aufs Korn genommene Krämerseelen-Mentalität seiner Zeit durch.
Ich hatte den Eindruck, das Diskurse zur Lösung wirtschaftlicher Probleme schon damals zutiefst zynisch und menschenverachtend waren. Weil der Mensch in den "Wirtschaftswissenschaften", die zu Swifts Zeiten entstanden, auf zwei Dinge reduziert wird:

1. eine nützliche statistische Größe (als Arbeitskraft, Konsument, Steuerzahler etc.)
2. einen Störfaktor, wenn er nicht unter eine der in 1. skizzierten nützlichen statistischen Größen fällt

Da auch die bürgerlichen "Wirtschaftswissenschaften" zu jenen Ideologien gehören, die alle so prima funktioniren, wenn da nicht der Mensch wäre, ist es kein Wunder, dass viele, wenn nicht die meisten Menschen in ihnen zu Störfaktoren werden.
In a modest proposal wird satirisch gezeigt, wie die menschlichen Störfaktoren doch noch eine nützlichen Verwendung zugeführt werden. Wobei der meines Wissens nicht als Satire gedachte Vorschlag zur Organspende durch mittellose Menschen zeigt, wie sehr Swift die heute noch gültige menschenverachtende Logik dieses Systems erfasst hat.
 
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Es ist natürlich alles Satire, zumindest bei Swift (ich wünsche den Griechen auch weiterhin viel Erfolg beim Verprassen der Euros, mit denen auch wir Deutsche nur Ärger hatten).

Immer raus mit dem Zeug, sparen ist ohnehin nicht angesagt im Wirtschaftssystem, sondern läuft konträr zum Dogma des Wachstums. Das Indiz dafür ist die allgegenwärtige "Systemrelevants" für Banken, Staaten und andere Institutionen und zeigt nur wie sozialromantisch selbst ein FDP-Kapitalismus sein kann. :dance:

Systemrelevants = wären diese obengenannten nicht vorhanden wäre das System nicht mehr so spaßig, bzw. kontrollierbar ergo: Systemrelevants = Sozialromantik! = Dekadenz!
 
OP
Beverly
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Immer raus mit dem Zeug(...)


"Das Spice muss fließen." (Imperator Shaddam IV. zu Baron Harkonnen in "Der Wüstenplanet")

Als das Spice nicht mehr floss, drapierte Imperator Shaddam den abgeschlagenen Kopf von Baron Harkonnen vor seinem Thron (Szene aus Verfilmung von "Der Wüstenplanet") => ein Hinweis darauf, was unseren Sparern, Haushaltskonsolidierern und Kostensenkern blüht :)
 

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