G
Gelöschtes Mitglied 2265
1. Kapitel
Ausgeschlafen war niemand. Aber wach vom Knall alle.
Vor dem Hotel brannten mehrere Autos und der gemietete Kleinbus, der die Gruppe von Internet-Usern des PSW-Forums zum gestrigen RL-Treffen durch Berlin karrte. Wider den Erwartungen waren es vor allem ältere Herren gewesen, die sich da zum ersten Mal in die Augen sahen, obwohl sie sich schon jahrelang über Politik stritten.
Um so erstaunlicher, wie schnell die Senioren mit den Handfeuerlöschern des Hotels zu den Fahrzeugen rennen konnten und die Fahrzeuge löschten.
Die Feuerwehr mit Polizei im Schlepptau kam nur Minuten später und verdrängte die Geschockten. Sie wurden ermahnt, im Hotel zu warten, es keinesfalls zu verlassen, bis die Spurensicherung eintrifft, wobei es jetzt schon klar war, dass sich die Experten wohl weniger um die in Minuten erzeugte Schrottmasse kümmern würde, als vielmehr um den Klumpen in der Mitte des Platzes, der einmal ein Mensch gewesen war. Gleich drei Notarztbesatzungen aus verschiedenen Krankenhäusern waren blitzschnell angekommen, hatten aber die Finger von dem Klumpen gelassen, weil ein Lebloser ohne Kopf wenig Optionen für eine Rettungsversorgung bietet. Ansonsten war dem Elend nur die Rezeptionistin näher gekommen, die sich darauf hin erbrach und mittlerweile von den Notärzten betreut wurde.
"Gottverfluchte Scheiße" brüllte, mehrfach wiederholend, ein fränkischer Dialekt ins Foyer, "Das ist ja wie in Beirut!" Zugleich fand sich ein Sänger der zweiten Stimme zum Chor, der scheinbar schon alles wusste und kreischte: "Das waren die linken Antifas, diese Bastarde.
Ich war auch sauer. Nach der Zecherei in der Nacht schrie mein Körper nach Erholung. Gleichzeitig nach einem frischen Kaffee. Passte zwar nicht zusammen, aber wenn beides, dann auf jeden Fall den Kaffee zuerst. Blöderweise konnten den hochmodernen Kaffeeautomat nur Hotelangestellte bedienen. Ich pfiff die kleine Maus heran, die hörbar verzweifelt und vergeblich versuchte, den Manager des Hauses anzufunken.
"Ich brauche einen Kaffee, sofort"
"Ich habe den Code nicht, ich bin doch nur die Putzfrau." antwortete sie ängstlich.
"Na, herzlichen Glückwunsch! Da haben Sie aber die nächsten Tage reichlich zu tun."
Streiten hatte keinen Sinn und diese Technik ließ sich nicht überlisten. Die Rezeptionistin war noch nicht ansprechbar, aber immerhin war die Hotelbar nicht abgeschlossen. Im Kühlschrank fanden sich zwar nur eine halbe Flasche Wodka und ein zwei Dosen Red Bull, als Kaffee-Ersatz sollte es aber reichen.
Ich entfloh dem Krach und Gestank, mixte mir einen Monster-Drink in meinem Zimmer, und schaltete den Fernseher etwas lauter, um die Chaos-Geräusche und Sirenen zu übertönen.
Beim Einschlafen dachte ich noch so; Es wird wohl ein scheiß Tag werden ....
.... für die anderen.
********************
Das Aufwachen gestaltete sich im Dilemma der Halbherzigkeit. Wie immer versuchte ich wieder wegzusacken und es gelang. Allerdings arbeitete in dieser Nachschlafphase das Gehirn als Albtraumgestalter. Ich sah vor mir eine Kakerlake, die eine endlose Thora alter eigener PSW-Beiträge vor mir abrollte.
Wenigstens funktionierte die Dusche ohne Code, während man im ganzen Hotel sonst von abartigen Neuerungen verprellt wurde. Nicht einmal den Fahrstuhl konnte man ohne Verifizierung benutzen. Während ich mich an den besonderen Sadismus des elektronischen Versperrens der Hotel-Kaffemaschine erinnerte, kam auch der hektische Morgen wieder ins Gedächtnis. War das etwa auch ein Albtraum, der mit der PSW-Kakerlake im Finale der absurdesten Gehirnverrenkung stand? Ich rannte zum Fenster. Um das gesamte Hotel waren Sicherheitszäune aufgebaut, bewacht mit voll vermummten Polizisten, die sogar MPis im Anschlag hatten. Auf dem Parkplatz stand ein Pavillon über einem bräunlichen Fleck, genau an der Stelle, wo das kopfllose Wesen lag. Komplett in weißen Wegwerf-Maler-Overalls hockende Spurensicherer tupften den Blutfleck ab und schienen mit einer Art Staubsauger den gesamten Parkplatz abzufischen. Kein Traum heute morgen, alles Realität.
Ich trank die verbliebene Dose der krebserregenden Sportler-Brause und ging ins Foyer. Keiner der PSW-User von gestern war zu sehen, obwohl sich unzählige Leute bewegten. Mangels bekannter Gesprächsparter ging ich zum Ausgang Richtung Parkplatz und wollte die überanstrengten Forensiker etwas auflockern:
"Na, Kollegen! Schon DNA-Spuren von Böhnhardt gefunden?"
In der Sekunde riss mich eine Gewalt von hinten zurück ins Foyer, schraubte mich auf die Brust, zog mir die Hände mit Plastikbändern als verbilligte Handschelle auf dem Rücken zusammen. Keine 20 Sekunden hatte das gedauert. Ein brutales Gefühl, wie ein verschnürter Hummer. Zorn und Lebenswille kam in mir auf, aber ich konnte kaum atmen. In diese Phase der Hilflosigkeit beugte sich ein Schlipsträger über mich und fragte:
"Sie sind?"
Ein guter Anfang für ein philosophisches Gespräch unter humanistischen Existenzialisten. Doch mir lag die Form im Augenblick näher, als das Wesen.
"Das geht Dich einen Scheißdreck an! - Mach mich los, Du Wichser!"
Scheinbare Errettung kam von der Maus, die sich heute morgen als Putzfrau vorstellte.
"Der Mann ist ein Hotelgast. Einer aus der PSW-Reisegruppe."
"Wieso ist der dann noch hier? Bringt ihn zu den anderen!" rief der Schlipsträger laut und seinem Chef-Gehabe folgte promt Ausführung durch Typen, die keinen Zweifel an den Folgen versuchten Widerspruchs ließen. Sie geleiteten mich zum Konferenzraum des Hotels, übergaben mich dort der Türwache, welche mir die Fesselung entfernte.
Es schienen alle PSW-ler des Vorabends anwesend zu sein und die Blicke ließen ahnen, dass sie mit den Umständen ähnlich überfordert waren, wie ich.
"Hat mal jemand eine [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] für mich?" Die einzige Frau der Gruppe kam auf mich zu und drückte mir mitleidig eine Tablette in die Hand. Ihre Klasse war mir gestern gar nicht aufgefallen. Und ihre Neugierde schmälerte auch nicht den Eindruck
"Weißt Du was los ist? Die haben uns hier seit Stunden eingesperrt."
Ich wusste bestimmt nicht mehr, wollte aber von der errichteten Festung ums Hotel nichts erwähnen. Schließlich kannte ich die PSW-Leute auch nur aus dem Internet und vom gestrigen Treffen. Einige davon erschienen mir schon immer seltsam. Vielleicht hatte einer von denen was mit dem Chaos zu tun.
"Keine Ahnung." antwortete ich, "Ich habe den ganzen Vormittag geschlafen. Ich hoffe nur, dass wir Teil einer Geschichte aber nicht der Geschichte sind. Denn dann könnte es verdammt unangenehm werden ..."
********************
Ich hatte noch nicht mal ausgesprochen, da erhob sich ein Kanon der Vorwürfe von allen Seiten.
Eine Stimme krakeelte besonders laut daher:[COLOR="#006400"] "gelöschter Account hatte das PsW-Senierentreffen extra bei einer Event-Agentur gebucht.
Er hatte sich diesmal überlegt, dass es etwas "Zünftiges" sein sollte, denn Bomben seien ja schließlich der Sex des Alters.
Ein bisschen hatten sie ihn aber beschissen, denn die abgefackelten Autos stammten nur allzu offensichtlich von einem Schrottplatz, die Sanitäter kamen im Barkas vorgefahren, trugen schmutzige weiße Kittel und bunte Sneakers, die Polizisten trugen Uniformen der DDR-Volkspolizei, und es blieb auch nicht unbemerkt, dass sich die Rezeptionistin mehrfach in den Hals griff, bevor sie sich effektvoll erbrechen konnte. So ein aufsässiger Zwerg mit weißen Haaren raunte ihm dann noch zu: den "Klumpen" kenne ich, der gehörte doch jahrelang zu den Requisiten unserer Geisterbahn. Auch die anderen bemerkten nach und nach den Schwindel und forderten ihr Geld zurück. Wen hatten sie denn da bloß angeheuert ?"[/COLOR]
Ich verschaffte mir mit einem Schrei Ruhe und entschuldigte mich bei Aspirin, die noch neben mir stand und zusammen gezuckt war. "Ich habe nur die Schlüssel verteilt, die an der Rezeption hinterlegt waren, so wie im Forum abgesprochen!"
Das Gemauschel hielt an und ich fühlte Nötigung, mich weiter zu rechtfertigen. "Und bevor hier weiter irre Verschwörungstheorien gesponnen werden, schaut doch im Forum nach, wer die Ideen zum Treffen wirklich hatte. Ich jedenfalls habe mich nur bereit erklärt, als erster hier zu sein. Ich weiß von der Rezeption, dass alles bezahlt ist, aber nicht von wem, ich weiß, dass alles mit Bus und Fahrer geklappt hat, aber nicht wer das organisiert hat. Auch die Tickets für den heute geplanten Reichstagsbesuch liegen hinterm Tresen"
[MENTION=1749]Tooraj[/MENTION], der eben noch einen Kübel Schuld auf mich abladen wollte, wandte sich nun fast verzweifelt an mich, aber immer noch lautstark genug. "Wie sollen wir denn im Forum nachschauen, wo uns alle Laptops, Handys, Tablets abgenommen wurden"
Instinktiv griff ich in die Tasche. Tatsächlich war auch mein Smartphone weg. Wahrscheinlich seit vorhin, nach der Fesselung. Jetzt begriff ich das irre Gefasel. Das waren erste Suchterscheinungen. Ich war Stunden im Vorteil durch mein Schläfchen bis zum Mittag. [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] setzte sich wieder hin und ich griff mir einen leeren Stuhl. Klugerweise hatten die User provisorisch einen runden Tisch gestaltet. Eine Form der Demokratie im Haus der Diktatur. [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] nahm die Rolle in die Hand, die sie wohl schon vor meinem Hineinschleudern in die Runde innehatte:
"Wir müssen noch einmal von vorn anfangen. Ohne Unterstellungen und Beleidigungen. Es sieht nämlich nicht danach aus, dass uns die Kripo sonst fahren lässt."
"Womit denn fahren?" heulte einer in die Runde. Das war wohl einer der Besitzer der verbrannten Nobelkarossen.
Ein anderer winselte: "Nichts zu trinken, nichts zu rauchen ..."
Nun musste ich meine Informationen doch nachwerfen. "Das ist nicht nur normale Kripo. Ums ganze Hotel steht sowas wie SEK. Die haben sogar einen mehrere Meter hohen Zaun gerüstet, wo kein Mensch durchschauen kann."
Beruhigend war das eher nicht. Ich hatte wohl schon wieder zuviel gesagt. Doch bevor sich neuerlicher Groll gegen mich aufbauen konnte, wurde die Tür aufgestoßen.
Zwei Typen in Anzügen wie einer Marsmission liefen Zentimeter für Zentimeter an den Tisch heran. Das surreale Aussehen wurde noch übertroffen durch die Geräusche eines Scanners. Einer der Typen rief in seiner Kopfschale. "Alle! Wahrscheinlich alle!" wonach beide in gleicher Marschroute nur rückwärts, aber genauso langsam wieder abtrabten. Blankes Entsetzen zeigte allerdings der Schlipsträger hinter denen. Er machte eine Handbewegung zur Türwache, die sofort das Weite suchte. Gleichzeitig holte er aus der Innentasche seines Jackets eine Pistole, entsicherte und fing langsam an zu befehlen:
"Sie bleiben jetzt sitzen. Sie werden auch nicht zur Tür gehen, wenn ich den Raum verlasse. Bewegen Sie sich so wenig wie möglich, um sich nicht zu gefährden. Ich werde in zwanzig Minuten wieder kommen und sie werden dann alle Sachen ablegen und neue anziehen. Dann erhalten Sie neue Instruktionen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, mehr werde ich ihnen nicht sagen. Wenn Sie versuchen, zu türmen, lasse ich auf Sie schießen. Haben Sie verstanden?"
Die Runde war erstarrt. Bleiche Gesichter und auch mir, dem das Rebellische angeboren war, fehlte jede Lust zum Protest. Die Tür ging zu, und die sonstigen Nebengeräusche, die zwar vorher auch kaum zu hören waren, ebbten ab. Als ob sich das ganze Haus leerte.
"Möchte jemand was sagen?" [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] hatte das Zepter wieder in die Hand genommen. Mir war noch übel durch den Kurzfilm des Schreckens, aber die Fassung hatte ich wieder.
"Also, ganz ehrlich, ich möchte Euch eigentlich nicht nackt sehen."
"Haben wir etwa die Pest?" fragte Tooray.
"Kann nicht sein. Das waren keine Virologen, Bakteriologen oder wie die Jungs heißen, das waren Physiker. Es geht bestimmt um Sprengstoff und wenn man darauf schießen kann, dann um einen Sprengstoff, denn ich nicht kenne." ertönte mein Gegenüber. Ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, dem einen Zimmer-Schlüssel gegeben zu haben.
War aber auch egal. Immerhin ein Logiker in der Runde.
[MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] meinte halb fragend, halb festlegend: "Vielleicht sollten wir machen, was Pistole sagt?!" und blickte nacheinander in die 18-köpfige Runde. Keiner widersprach. Mangels Lösungs-Alternative fügte auch ich mich ...
Ausgeschlafen war niemand. Aber wach vom Knall alle.
Vor dem Hotel brannten mehrere Autos und der gemietete Kleinbus, der die Gruppe von Internet-Usern des PSW-Forums zum gestrigen RL-Treffen durch Berlin karrte. Wider den Erwartungen waren es vor allem ältere Herren gewesen, die sich da zum ersten Mal in die Augen sahen, obwohl sie sich schon jahrelang über Politik stritten.
Um so erstaunlicher, wie schnell die Senioren mit den Handfeuerlöschern des Hotels zu den Fahrzeugen rennen konnten und die Fahrzeuge löschten.
Die Feuerwehr mit Polizei im Schlepptau kam nur Minuten später und verdrängte die Geschockten. Sie wurden ermahnt, im Hotel zu warten, es keinesfalls zu verlassen, bis die Spurensicherung eintrifft, wobei es jetzt schon klar war, dass sich die Experten wohl weniger um die in Minuten erzeugte Schrottmasse kümmern würde, als vielmehr um den Klumpen in der Mitte des Platzes, der einmal ein Mensch gewesen war. Gleich drei Notarztbesatzungen aus verschiedenen Krankenhäusern waren blitzschnell angekommen, hatten aber die Finger von dem Klumpen gelassen, weil ein Lebloser ohne Kopf wenig Optionen für eine Rettungsversorgung bietet. Ansonsten war dem Elend nur die Rezeptionistin näher gekommen, die sich darauf hin erbrach und mittlerweile von den Notärzten betreut wurde.
"Gottverfluchte Scheiße" brüllte, mehrfach wiederholend, ein fränkischer Dialekt ins Foyer, "Das ist ja wie in Beirut!" Zugleich fand sich ein Sänger der zweiten Stimme zum Chor, der scheinbar schon alles wusste und kreischte: "Das waren die linken Antifas, diese Bastarde.
Ich war auch sauer. Nach der Zecherei in der Nacht schrie mein Körper nach Erholung. Gleichzeitig nach einem frischen Kaffee. Passte zwar nicht zusammen, aber wenn beides, dann auf jeden Fall den Kaffee zuerst. Blöderweise konnten den hochmodernen Kaffeeautomat nur Hotelangestellte bedienen. Ich pfiff die kleine Maus heran, die hörbar verzweifelt und vergeblich versuchte, den Manager des Hauses anzufunken.
"Ich brauche einen Kaffee, sofort"
"Ich habe den Code nicht, ich bin doch nur die Putzfrau." antwortete sie ängstlich.
"Na, herzlichen Glückwunsch! Da haben Sie aber die nächsten Tage reichlich zu tun."
Streiten hatte keinen Sinn und diese Technik ließ sich nicht überlisten. Die Rezeptionistin war noch nicht ansprechbar, aber immerhin war die Hotelbar nicht abgeschlossen. Im Kühlschrank fanden sich zwar nur eine halbe Flasche Wodka und ein zwei Dosen Red Bull, als Kaffee-Ersatz sollte es aber reichen.
Ich entfloh dem Krach und Gestank, mixte mir einen Monster-Drink in meinem Zimmer, und schaltete den Fernseher etwas lauter, um die Chaos-Geräusche und Sirenen zu übertönen.
Beim Einschlafen dachte ich noch so; Es wird wohl ein scheiß Tag werden ....
.... für die anderen.
********************
Das Aufwachen gestaltete sich im Dilemma der Halbherzigkeit. Wie immer versuchte ich wieder wegzusacken und es gelang. Allerdings arbeitete in dieser Nachschlafphase das Gehirn als Albtraumgestalter. Ich sah vor mir eine Kakerlake, die eine endlose Thora alter eigener PSW-Beiträge vor mir abrollte.
Wenigstens funktionierte die Dusche ohne Code, während man im ganzen Hotel sonst von abartigen Neuerungen verprellt wurde. Nicht einmal den Fahrstuhl konnte man ohne Verifizierung benutzen. Während ich mich an den besonderen Sadismus des elektronischen Versperrens der Hotel-Kaffemaschine erinnerte, kam auch der hektische Morgen wieder ins Gedächtnis. War das etwa auch ein Albtraum, der mit der PSW-Kakerlake im Finale der absurdesten Gehirnverrenkung stand? Ich rannte zum Fenster. Um das gesamte Hotel waren Sicherheitszäune aufgebaut, bewacht mit voll vermummten Polizisten, die sogar MPis im Anschlag hatten. Auf dem Parkplatz stand ein Pavillon über einem bräunlichen Fleck, genau an der Stelle, wo das kopfllose Wesen lag. Komplett in weißen Wegwerf-Maler-Overalls hockende Spurensicherer tupften den Blutfleck ab und schienen mit einer Art Staubsauger den gesamten Parkplatz abzufischen. Kein Traum heute morgen, alles Realität.
Ich trank die verbliebene Dose der krebserregenden Sportler-Brause und ging ins Foyer. Keiner der PSW-User von gestern war zu sehen, obwohl sich unzählige Leute bewegten. Mangels bekannter Gesprächsparter ging ich zum Ausgang Richtung Parkplatz und wollte die überanstrengten Forensiker etwas auflockern:
"Na, Kollegen! Schon DNA-Spuren von Böhnhardt gefunden?"
In der Sekunde riss mich eine Gewalt von hinten zurück ins Foyer, schraubte mich auf die Brust, zog mir die Hände mit Plastikbändern als verbilligte Handschelle auf dem Rücken zusammen. Keine 20 Sekunden hatte das gedauert. Ein brutales Gefühl, wie ein verschnürter Hummer. Zorn und Lebenswille kam in mir auf, aber ich konnte kaum atmen. In diese Phase der Hilflosigkeit beugte sich ein Schlipsträger über mich und fragte:
"Sie sind?"
Ein guter Anfang für ein philosophisches Gespräch unter humanistischen Existenzialisten. Doch mir lag die Form im Augenblick näher, als das Wesen.
"Das geht Dich einen Scheißdreck an! - Mach mich los, Du Wichser!"
Scheinbare Errettung kam von der Maus, die sich heute morgen als Putzfrau vorstellte.
"Der Mann ist ein Hotelgast. Einer aus der PSW-Reisegruppe."
"Wieso ist der dann noch hier? Bringt ihn zu den anderen!" rief der Schlipsträger laut und seinem Chef-Gehabe folgte promt Ausführung durch Typen, die keinen Zweifel an den Folgen versuchten Widerspruchs ließen. Sie geleiteten mich zum Konferenzraum des Hotels, übergaben mich dort der Türwache, welche mir die Fesselung entfernte.
Es schienen alle PSW-ler des Vorabends anwesend zu sein und die Blicke ließen ahnen, dass sie mit den Umständen ähnlich überfordert waren, wie ich.
"Hat mal jemand eine [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] für mich?" Die einzige Frau der Gruppe kam auf mich zu und drückte mir mitleidig eine Tablette in die Hand. Ihre Klasse war mir gestern gar nicht aufgefallen. Und ihre Neugierde schmälerte auch nicht den Eindruck
"Weißt Du was los ist? Die haben uns hier seit Stunden eingesperrt."
Ich wusste bestimmt nicht mehr, wollte aber von der errichteten Festung ums Hotel nichts erwähnen. Schließlich kannte ich die PSW-Leute auch nur aus dem Internet und vom gestrigen Treffen. Einige davon erschienen mir schon immer seltsam. Vielleicht hatte einer von denen was mit dem Chaos zu tun.
"Keine Ahnung." antwortete ich, "Ich habe den ganzen Vormittag geschlafen. Ich hoffe nur, dass wir Teil einer Geschichte aber nicht der Geschichte sind. Denn dann könnte es verdammt unangenehm werden ..."
********************
Ich hatte noch nicht mal ausgesprochen, da erhob sich ein Kanon der Vorwürfe von allen Seiten.
Eine Stimme krakeelte besonders laut daher:[COLOR="#006400"] "gelöschter Account hatte das PsW-Senierentreffen extra bei einer Event-Agentur gebucht.
Er hatte sich diesmal überlegt, dass es etwas "Zünftiges" sein sollte, denn Bomben seien ja schließlich der Sex des Alters.
Ein bisschen hatten sie ihn aber beschissen, denn die abgefackelten Autos stammten nur allzu offensichtlich von einem Schrottplatz, die Sanitäter kamen im Barkas vorgefahren, trugen schmutzige weiße Kittel und bunte Sneakers, die Polizisten trugen Uniformen der DDR-Volkspolizei, und es blieb auch nicht unbemerkt, dass sich die Rezeptionistin mehrfach in den Hals griff, bevor sie sich effektvoll erbrechen konnte. So ein aufsässiger Zwerg mit weißen Haaren raunte ihm dann noch zu: den "Klumpen" kenne ich, der gehörte doch jahrelang zu den Requisiten unserer Geisterbahn. Auch die anderen bemerkten nach und nach den Schwindel und forderten ihr Geld zurück. Wen hatten sie denn da bloß angeheuert ?"[/COLOR]
Ich verschaffte mir mit einem Schrei Ruhe und entschuldigte mich bei Aspirin, die noch neben mir stand und zusammen gezuckt war. "Ich habe nur die Schlüssel verteilt, die an der Rezeption hinterlegt waren, so wie im Forum abgesprochen!"
Das Gemauschel hielt an und ich fühlte Nötigung, mich weiter zu rechtfertigen. "Und bevor hier weiter irre Verschwörungstheorien gesponnen werden, schaut doch im Forum nach, wer die Ideen zum Treffen wirklich hatte. Ich jedenfalls habe mich nur bereit erklärt, als erster hier zu sein. Ich weiß von der Rezeption, dass alles bezahlt ist, aber nicht von wem, ich weiß, dass alles mit Bus und Fahrer geklappt hat, aber nicht wer das organisiert hat. Auch die Tickets für den heute geplanten Reichstagsbesuch liegen hinterm Tresen"
[MENTION=1749]Tooraj[/MENTION], der eben noch einen Kübel Schuld auf mich abladen wollte, wandte sich nun fast verzweifelt an mich, aber immer noch lautstark genug. "Wie sollen wir denn im Forum nachschauen, wo uns alle Laptops, Handys, Tablets abgenommen wurden"
Instinktiv griff ich in die Tasche. Tatsächlich war auch mein Smartphone weg. Wahrscheinlich seit vorhin, nach der Fesselung. Jetzt begriff ich das irre Gefasel. Das waren erste Suchterscheinungen. Ich war Stunden im Vorteil durch mein Schläfchen bis zum Mittag. [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] setzte sich wieder hin und ich griff mir einen leeren Stuhl. Klugerweise hatten die User provisorisch einen runden Tisch gestaltet. Eine Form der Demokratie im Haus der Diktatur. [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] nahm die Rolle in die Hand, die sie wohl schon vor meinem Hineinschleudern in die Runde innehatte:
"Wir müssen noch einmal von vorn anfangen. Ohne Unterstellungen und Beleidigungen. Es sieht nämlich nicht danach aus, dass uns die Kripo sonst fahren lässt."
"Womit denn fahren?" heulte einer in die Runde. Das war wohl einer der Besitzer der verbrannten Nobelkarossen.
Ein anderer winselte: "Nichts zu trinken, nichts zu rauchen ..."
Nun musste ich meine Informationen doch nachwerfen. "Das ist nicht nur normale Kripo. Ums ganze Hotel steht sowas wie SEK. Die haben sogar einen mehrere Meter hohen Zaun gerüstet, wo kein Mensch durchschauen kann."
Beruhigend war das eher nicht. Ich hatte wohl schon wieder zuviel gesagt. Doch bevor sich neuerlicher Groll gegen mich aufbauen konnte, wurde die Tür aufgestoßen.
Zwei Typen in Anzügen wie einer Marsmission liefen Zentimeter für Zentimeter an den Tisch heran. Das surreale Aussehen wurde noch übertroffen durch die Geräusche eines Scanners. Einer der Typen rief in seiner Kopfschale. "Alle! Wahrscheinlich alle!" wonach beide in gleicher Marschroute nur rückwärts, aber genauso langsam wieder abtrabten. Blankes Entsetzen zeigte allerdings der Schlipsträger hinter denen. Er machte eine Handbewegung zur Türwache, die sofort das Weite suchte. Gleichzeitig holte er aus der Innentasche seines Jackets eine Pistole, entsicherte und fing langsam an zu befehlen:
"Sie bleiben jetzt sitzen. Sie werden auch nicht zur Tür gehen, wenn ich den Raum verlasse. Bewegen Sie sich so wenig wie möglich, um sich nicht zu gefährden. Ich werde in zwanzig Minuten wieder kommen und sie werden dann alle Sachen ablegen und neue anziehen. Dann erhalten Sie neue Instruktionen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, mehr werde ich ihnen nicht sagen. Wenn Sie versuchen, zu türmen, lasse ich auf Sie schießen. Haben Sie verstanden?"
Die Runde war erstarrt. Bleiche Gesichter und auch mir, dem das Rebellische angeboren war, fehlte jede Lust zum Protest. Die Tür ging zu, und die sonstigen Nebengeräusche, die zwar vorher auch kaum zu hören waren, ebbten ab. Als ob sich das ganze Haus leerte.
"Möchte jemand was sagen?" [MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] hatte das Zepter wieder in die Hand genommen. Mir war noch übel durch den Kurzfilm des Schreckens, aber die Fassung hatte ich wieder.
"Also, ganz ehrlich, ich möchte Euch eigentlich nicht nackt sehen."
"Haben wir etwa die Pest?" fragte Tooray.
"Kann nicht sein. Das waren keine Virologen, Bakteriologen oder wie die Jungs heißen, das waren Physiker. Es geht bestimmt um Sprengstoff und wenn man darauf schießen kann, dann um einen Sprengstoff, denn ich nicht kenne." ertönte mein Gegenüber. Ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, dem einen Zimmer-Schlüssel gegeben zu haben.
War aber auch egal. Immerhin ein Logiker in der Runde.
[MENTION=3057]Aspirin[/MENTION] meinte halb fragend, halb festlegend: "Vielleicht sollten wir machen, was Pistole sagt?!" und blickte nacheinander in die 18-köpfige Runde. Keiner widersprach. Mangels Lösungs-Alternative fügte auch ich mich ...
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rist 
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und das Smartie 
, diese Sprachgewalt.
